Eine kurze Geschichte der Religion – Teil 1

Re-ligio (latein. re = zurück, ligeo = verbinden, gewissenhafte Berücksichtigung, Sorgfalt) 
gab es wohl schon lange vor dem Römischen Reich, in dem Latein gesprochen wurde.
Wenn wir den archäologischen Deutungen folgen, dürften Religionen schon früh entstanden sein. Jedenfalls wird das aus den Grabfunden überall auf der Welt geschlossen.
Denn Grabbeigaben legen die Vermutung nahe, dass Menschen an ein Jenseits und ein Leben nach dem Tode glaubten. Damit scheinen spirituelle Gedanken und Religion über das eige kurze Leben hinauszuweisen und Orientierung zu geben.

Spirituelle Überzeugungen könnten sich aus der Einsicht der Menschen in ihre Schwäche gegenüber der Natur und dem oft als schicksalhaft erlebten Verlauf ihrer Leben entwickelt haben. Dabei dürfte auch das Gefühl und der Wunsch eine Rolle gespielt haben, dass es einen Zusammenhang zwischen dem menschlichen Leben, Leiden und den unsichtbaren Kräften gibt und dass all die Erfahrungen einen Sinn ergeben.

Heute wissen wir vom Streben des menschlichen Gehirns, Zusammenhänge zu erkennen und zu konstruieren, um Ereignisse zu verstehen oder zumindest in eine Geschichte zu gießen ….. in der Hoffnung auf Kontrolle und Verminderung von Unsicherheit in der Natur.
Wir wissen allerdings auch, wie fehlerbehaftet und gruppenabhängig Wahrnehmungen, Erinnerungen, Erkenntnisse und Erklärungsversuche und weitererzählte Geschichten sein können.

Wir können uns gut vorstellen, dass in der Frühzeit viele Phänomene, die wir heute naturwissenschaftlich erklären können, noch unverstandenen waren; z.B. der Zusammenhang von Koitus, Schwangerschaft und Geburt und das Mysterium des Lebens.
So findet man z.B. weltweit immer wieder die Vorstellung, dass die mächtigen Wesen entrückt, dem Himmel nahe, auf Bergen wohnen oder dass es eine unsichtbare Kraft (Prana, Chi, Atman, Manitu, Od, Äther, elan vital, Libido, Orgon) gibt, die Unbelebtes in Lebendiges verwandelt.
Solche Erklärungsmuster wurden inzwischen durch wissenschaftliche Erkenntnisse und Nachweise widerlegt und entmystifiziert, da all diese Prozesse sich auch ohne eine steuernde Kraft entwickeln.

Anfangs dürfte auch die Unterscheidung zwischen einem Einzelnen und seiner natürlichen Umwelt noch wenig ausgeprägt gewesen sein. Alles erscheint mit Allem verbunden, ähnlich wie in der frühen menschlichen Entwicklung, in der ein Kind die Unterscheidung von Mutter und Kind und all den anderen Dingen in der Welt und ihren sozialen Regeln erst lernen muss.
Aber auch Erscheinungen, wie z.B. Gewitter, manche Tiere und Pflanzenwirkungen, Sonnen- oder Mondfinsternis, Kometen am Himmel beunruhigten und wurden zunächst magisch gebannt und mit dem Wirken von übermächtigen Kräften der Natur oder von Göttern erklärt.

Religionen boten Erklärungen für die Entstehung der Welt und für die Weltordnung. Daraus wurden Gesetze für das Verhalten jedes einzelnen Menschen und die Regelung der mitmenschlichen Beziehungen abgeleitet.
Zunächst wurden die Kräfte, die man nicht verstand, widerstrebenden Trieben und übermächtigen Wesen zugeschrieben, die miteinander im Wettstreit lagen. Einige frühe Religionen verehrten die Ahnen oder Naturgeister und fürchteten Dämonen, einige versprachen ein glückliches Leben nach dem Tode.
Um all dem nicht völlig ausgeliefert zu sein, versuchte man sich die Ahnen oder Geistwesen mit Beschwörungen und Opfergaben gewogen zu machen.

Im Animismus wird geglaubt, dass die Dinge der Natur beseelt oder Wohnsitz von Geistern sind.
Im Totem-Glaube steht das Totem als Symbol für einen Urahn, ein Tier , eine Pflanze oder ein Objekt, das als Zeichen des Stammes verehrt wird. Verbunden wurden damit Tabus und erste moralische Forderungen für das Zusammenleben der Gruppe.
Mit der Entwicklung der polythesistenschen Religionen (Glaube an eine Vielzahl von (männlich und weiblich gedachten) Gottheiten; Vielgötterei) wurde deutlich, dass man sich das Wirken der überirdischen Kräfte im Grund nur nach dem menschlichen Erfahrungen vorstellen konnte. Die Götter erschienen als übermächtige, unsterbliche Menschen. Man schrieb ihnen alle menschlichen Leidenschaften zu, die man von sich selbst kannte. Zudem führten die polare Natur des Denkens und die widerstreitenden triebhaften Kräfte in den Menschen zu Polarisierungen, wie Liebe – Hass, Güte – Bosheit, oben -unten, männlich – weiblich usw..
Die flossen in die erzählten Geschichten ein, ebenso wie abgeleitete zu Regeln für das soziale Miteinander.

Vermutlich waren in matriarchalen Gesellschaften die Gottheiten weiblich; mit zunehmender Dominanz der Männer aber stellte man sich den obersten Gott männlich, als einen fürsorgenden und strafenden Vater, der seine Autorität auch willkürlich einsetzen konnte, vor. Während mit Göttinnen Fruchtbarkeit, Schönheit und Liebe und oft auch das Unbegreifliche, das ins Verderben führen könnte, assoziiert wurde, verkörpert der einzigen Gott im monotheistische Glauben der Juden, deren Lehren das Christentum und der Islam in sich aufnahm, die männliche Gewalt und die Überlegenheit des Geistigen über Körperlichkeit und Natur. Er wird der Sexualität entrückt, doch Reste des Poytheismus haben sich im Marienkult und der Heiligenverehrung wieder Ausdruck verschafft. Zudem gibt es auch im Monotheismus eine Art Gegengott, den Teufel, als Vertreter des Bösen, den der gute Gott gewähren lässt, um die Menschen ob ihrer Treue zu prüfen.
Der reine Buddhismus kennt hingegen keine Gottheiten, sondern nur ein ewiges Prinzip.


Literatur:
Ludwig Knoll, Kultur/Geschichte der Erotik, 1982, Band VIII

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