Eine kurze Geschichte der Religion – Teil 3

katholischer Gottesdienst – Foto: Christian Offenberg

Alle Religionen haben Rituale entwickelt. Ihr Sinn ist a) die Erzeugung eines Gefühls von Sicherheit durch Wiederholung und die Einschätzbarkeit der Situation und b) die Einstimmung der Kultgemeinde auf gemeinsame Gefühle. Die heben den Menschen über ihren Alltag hinaus, helfen ihnen, sich in einer Ekstase gleichsam von sich selbst (von ihrem plappernden Geist, der alles auf sich bezieht) zu befreien, ein flow-Gefühl herzustellen. Über die Fülle der Eindrücke wird oft ein Rausch erzeugt, in dem Hemmungen abgestreift werden können, die das alltägliche Dasein eingeengt haben. Es werden Strebungen freigesetzt, die sonst unterdrückt werden müssen / müssten. So wird ein Ventil geschaffen, das eben nur in der Beziehung zum Ritual und in der Bindung an die Kultgemeinschaft, Erlaubnis findet, sonst Ablehnung und Ächtung erfährt (Beispiel Karneval in katholisch geprägten Gegenden).

Die wachsende Bedeutung des Bewusstseins und der Bildung hat Rituale wie Bindung an die Kirchen stark zurückgedrängt. Hinzu kamen Widersprüche zwischen Lehre und Forderungen sowie dem praktizierten Verhalten, inclusive Amtsmissbrauch bis hin zu vielfach religiös begründeten Aggressionen gegen Andersgläubige.
Viele Religionen lehren an sich Toleranz, aber da jede sich als absolute Wahrheit versteht und sich oft auf eine göttliche Offenbarung beruft, müssen alle anderen Religionen als Aberglaube und „Ketzerei“ erscheinen. Damit im Zusammenhang steht oft die Verpflichtung, sie zu verfolgen, auszumerzen.

Ausgebildete Religionen werden von einer Priesterschaft gewahrt. Teils galten die Priester nur als Lehrer (z.B. Rabbiner) oder als „Hirten“ ihrer Gemeinde (Pastor), teils als direkte Vermittler zur göttlichen Macht (Pfarrer). Ihren Privilegien stehen besondere Pflichten gegenüber. Insbesondere wird oft ihre Sexualität eingeschränkt. In früheren Religionen manchmal durch Kastration, in der katholischen Kirche durch Zölibat.
Die ausgebildeten Organisationsformen nennen sich Kirche. Durch sie fließen weltliche Machtinteressen ein und oft passte man sich mehr oder weniger an politische und andere weltliche Verhältnisse an.
Kirchenobere, Kirchenlehrer, mittlerweile auch Laiengruppen, interpretieren die Lehren, was immer wieder zu Abspaltungen und Sektenbildungen geführt hat.


Literatur:
Ludwig Knoll, Kultur/Geschichte der Erotik, 1982, Band VIII