Die 9 bedeutendsten Bedingungen für ein besseres Paarleben

Michael Lukas Moeller, einer meiner Profs im Studium in Gießen, befasste sich, neben Selbsthilfegruppen, lange Zeit mit dem Thema Paartherapie. Unter anderem fragte er Paare: Was sind Eure wichtigsten Liebesbedingungen? und kristallisierte aus den Antworten vieler Menschen folgende Themen als wesentlich heraus:

Basistrias, also 3 grundsätzliche Aspekte

  1.  Initiativ werden
    nicht hoffen, dass etwas passiert oder dass die/der Partner/in die Initiative ergreift, sondern selbst dafür sorgen, dass etwas passiert. Sprechen Sie an, was Sie bewegt, welche Bedürfnisse Sie haben.
    John Gottman, ein anderer Paartherapeut, nennt das: “Wenden Sie sich einander zu und nicht voneinander ab.”
  2.  Zeit zu zweit reservieren
    insbesondere in der Zeit mit kleinen Kindern, aber auch wenn die eigenen Eltern versorgt werden müssen: nehmen Sie sich Zeit für die Zweierbeziehung; sie ist die Grundlage für die Familiengeschichte.
    John Gottman nennt diesen Aspekt: “Pflegen Sie Zuneigung und Bewunderung füreinander.”
  3.  Ungestörtheit garantieren
    Sorgen Sie für einen Babysitter, schalten Sie das Handy aus, schließen sie die Tür ab, organisieren Sie sich einen Platz der Ungestörtheit, damit sich entwickeln kann, was gerade angesagt ist; sei es ein Gespräch, ein gemeinsames Schweigen, eine gemeinsame Arbeit oder gemeinsames Essen oder ein eine Zeit der körperlichen Nähe … die sich entwickelt oder die Sie vorab verabreden und planen.

 Kommunikationstrias, insbesondere bei Paargesprächen

  •  Wesentliches sprechen
    also in der Zeit, die Sie für sich reservieren, über das Reden, was Sie gerade berührt und bewegt,
    was Ihnen aktuell oder grundsätzlich wichtig ist.
    Der Text, wer die Kinder wann abholt, wer einkauft usw. sollte einen anderen Platz bekommen.
    Bei John Gottman heißt es: “Bringen Sie Ihre Partner-Landkarte auf den neuesten Stand”.
  • Anerkennen der doppelten Wirklichkeit in unserer einen Beziehung
    Immer wieder ist bei Paaren zu beobachten, dass vergessen wird, dass zwei Menschen 2 Köpfe haben, auch wenn sie 1 Paar sind.
    Einen Menschen gut zu kennen, bedeutet nicht, dass man weiß, was sie/er denkt oder will.
    Um herauszufinden, wie es im anderen auf der anderen Seite aussieht oder was das Gegenüber aus seiner Perspektive anderes wahrnimmt, gilt es einerseits zu fragen, andererseits zuzuhören.
  •  Wirkliche Gleichberechtigung
    Gleichberechtigung und Augenhöhe setzen zunächst einmal ein Getrennsein und Eigenständigkeit voraus. Denn ohne dass kann man sich nicht aufeinander beziehen, in Beziehung sein.
    Gleichberechtigung, wie auch Gleichwertigkeit, bezieht sich auf Themen wie “Geben und Nehmen”, auf “Nähe und Distanz”, auf “Ich – Du – Wir”, die je eigenen Raum und Zeit brauchen. Es können auch weitere Aspekte hinzukommen, an die ich im Augenblick nicht denke.
    Manche Paar führen genau Buch und bilanzieren akribisch, andere schmeißen alles in einen Topf und halten die unterschiedlichsten Beiträge für ausgleichsfähig.

Entwicklungstrias

  •  Immer wieder Balance finden im Urkonflikt:  Selbstzuwendung – Partnerzuwendung
    Menschen entwickeln sich unterschiedlich. Das betrifft sowohl die Richtung als auch die Geschwindigkeit.
    In einer Beziehung braucht es Eigenes und Gemeinsames, sonst stirbt sie vor sich hin.
    Immer wieder braucht es da Abstimmungen oder vertrauensbildende Ansagen, damit die/der andere informiert ist, sich mitgenommen fühlt – auch wenn die Partnerin oder der Partner gerade allein unterwegs ist.
  •  Anerkennen des unbewussten Zusammenspiels: wir sind ein System, wie kommunizierende Röhren
    Unser Tun hat Bedeutung. Wir können nicht umhin, zu bewerten und einzuordnen, um uns zu orientieren, um zu wissen wo wir stehen und wie wir zu etwas stehen. Dabei spielen sowohl bewusstes Tun und Wollen, wie auch Aspekte, die wir nicht wissen, die als früheren Erfahrungen mit in unsere Entscheidungen einfließen, ein Rolle.
    Hilfreich im Kontakt miteinander ist es, dies erst einmal anzuerkennen. Denn dann lassen sich Missverständnisse, unterschiedliche Bedürfnisse, Werthaltungen oder Ziele und Übertragungen besser erkennen. Vor allem lässt sich besser sehen, wie man als Paar – auch unbewusst – zusammenspielt und in seinen Wechselwirkungen unter anderem bekannte Szenen aus seinem Leben re-inszeniert (wiederholt) … um sie zu einem besseren Ende zu führen oder um “Normalität” herzustellen, die weniger Angst macht, als Neues, Unbekanntes.
  •  Konfliktfähigkeit: Konflikte erstellen* und lösen*
    * Konflikt erstellen meint, die Pole des Spannungsfeldes zu beschreiben und die zugrunde liegenden Wünsche / Bedürfnisse (durch die verschleiernden Schichten hindurch) herausarbeiten.
    * Konflikt lösen meint, ein „Win-Win-Ergebnis“ finden.

Quelle: Michael Lukas Moeller: Gelegenheit macht Liebe, Glücksbedingungen in der Partnerschaft, 2001

Gewalt folgt ihrer eigenen irrationalen Logik

Während ich mich im Urlaub über das tolerante Neben- und freundliche Miteinander verschiedenster Menschen und Nationalitäten begeisterte, erfuhr ich aus dem Gießener Anzeiger vom 24. Januar, dass in Biebertal inzwischen zu Waffen gegriffen wird, um Konflikte auszutragen.
Das bezeichnet eine neue, schreckliche Eskalationsstufe – nicht nur in Biebertal!

Viele verschiedene Menschen – viele verschiedene Interessen
Betont man die Differenz, geht man sich in der Folge aus dem Weg … reale Eindrücke werden weniger, Vorurteile bleiben oder entwickeln sich stärker.
Betont man das Gemeinsame und Ergänzende, lässt sich mit Interesse und Toleranz meist ein Weg der Verständigung finden.

Um in Biebertal zu bleiben: Warum schießt jemand auf das Eigentum eines Busunternehmers?
Warum verwandelt jemand eine zugelassene Mountainbike-Strecke in eine lebensgefährliche Falle?

Derartige Eskalationen folgen ihrer eigenen inneren Logik: die Beteiligten sind von der Dynamik des Geschehens wie versklavt; Sie sind nahezu gezwungen, zu immer härteren Mitteln zu greifen. Denn ihr Ziel, die anderen zu erreichen und ihnen die eigenen Positionen aufzuzwingen, kann mit diesen Mitteln der Gewalt nicht erreicht werden.
Denn die Form wird immer den Inhalt überschatten, so dass kaum zu echtem Kontakt kommen kann.

Wie bei so vielen Themen ist das Problem, dass nicht miteinander gesprochen,
sondern übereinander geredet und übereinander phantasiert wird.

Der Königsweg ist natürlich der reale Kontakt; das echte Gespräch auf Augenhöhe und im Augenkontakt – so dass auch Mimik, Gestik, Tonfall, Lautstärke, Stimmmodulation usw. wahrgenommen sowie Hintergründe von Meinungen und Zielen ausgetauscht werden können.
Ein gangbarer Weg führt aber auch über Medien, die zwar grundsätzlich ein “Dazwischen” sind und trennend wirken. Daher eigenen sie sich ja so gut für Hassbotschaften. Dort kann man sich ja anonym und feige äußern, ganz ähnlich denen, die real in der analogen Welt aus dem Hinterhalt agieren.

Medien lassen sich jedoch auch verbindend einsetzen. So z.B. über den >Meinungstreff< des Biebertaler-Bilderbogens. Hier dürfen sich kritische Geister zeigen; hier werden kreativen Ideen als Bereicherung verstanden, die dann hoffentlich zu konstruktiven Vorschlägen ausdiskutiert werden.

Wenn die machtvollen Täter also wirklich mutig sind, agieren sie nicht aus dem Hinterhalt und gefährden die Leben der anderer.
Vielleicht begreifen sie in der Diskussion, dass wer hasst, letztlich zuerst und langanhaltend den eigenen Körper den Auswirkungen dieses Gefühls aussetzt. Das bedeutet chronischen Stress, der langfristig sehr ungesund ist und das eigene Leben gefährdet.
So ist das mit den Gemeinsamkeiten, die man zuerst oft nicht sieht.

Ich bin froh, dass ich hierzulande alltäglich ohne Bewaffnung durch den Wald und die Straßen fahren oder gehen kann – ohne Gefahr zu laufen, dass ich, an der roten Ampel stehend, ausgeraubt werde. Dazu hatten wir uns gesellschaftlich bereits vor etlichen Jahrzehnten geeinigt, die Waffengürtel abzulegen und das Gewaltmonopol an den Staat und seine Vertreter abzutreten – die ihrerseits beeiden, diese Macht zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen.

Immer – auch seitens der Politik – da, wo eine Informationslücke entsteht, wird diese mit eigenen Phantasien und früheren Erfahrungen verbunden. Diese Gedanken erzeugen Gefühle, erzeugen und verstärken Stimmungen – bestätigen Vorurteile, statt dass genau hingesehen wird.

Radfahrer z.B., so erlebte ich es, fahren oft ohne sich bemerkbar zu machen, relativ schnell auf Fußgänger zu. Erschrecken und unfreundliche Begegnungen entstehen.
Solch negative Eindrücke und die Enttäuschung eigener Erwartungen führen schnell zu Stimmungen.

Insbesondere die nur schwer auszuhaltenden Gefühle Hilflosigkeit und Ohnmacht kennt jeder aus frühester Kindheit, erinnert das aber meist nicht mehr. Doch damals, wie auch in Stresssituationen, gibt es nur “entweder-oder”, “schwarz-oder-weiß”, “gut-böse”, “alles-oder-nichts”, “ich-oder-du”.
Da sich niemand gern klein, unterlegen oder machtlos fühlt, wird die passiv erlebte Angst vor der Ohnmacht lieber in aktive Wut bis hin zu Hass und Menschenverachtung in aggressive Tat gewandelt und so aus dem Erleben abgewehrt und dafür dem anderen als dem bösen “Verursacher” angelastet.

Einmal stimmt das sachlich inhaltlich nicht, da alle Menschen autonome Wesen sind und jeder, zumindest seine Gefühle und Handlungen, immer selbst macht.
Zum anderen lassen sich tragfähige Lösungen nur im Miteinander finden, die von allen Beteiligten – mit mehr oder weniger Zähneknirschen oder vielleicht sogar mit echtem Gewinn für alle – getragen werden können. Der Austausch von Ideen bringt ja immer wieder unerwartete Überraschungen und gangbare Wege, die man allein nicht gesehen hätte.

Hier braucht es ein Umdenken und die Bereitschaft Dorfgemeinschaft wieder als Teil des eigenen egoistischen Interesses (z.B. sich frei bewegen und frei reden zu können) zu begreifen; es nicht den Politikern zu überlassen oder gar selbst ernannten Sheriffs.


Konflikt-formen und -lösungen:
1. banale Missverständnisse – um sie aufzulösen braucht es eine Aufklärung der Kontexte: wie was von wem, unter welchen Umständen, gemeint war und gehört wurde.
2. Verwechslungen (Übertragungen), dabei erlebt und sieht man jetzt im anderen etwas, was eigentlich in eine andere Zeit, zu einer anderen Person oder eine andere Situation gehört (z.B. da verhält sich jemand so wie der eigene Vater und löst entsprechende Gefühle und Reaktionen aus).
Hier gilt es, die Zusammenhänge aufzuklären, Abstand zu finden und den Kontakt zum aktuellen Gegenüber, zu aktuellen Situation herzustellen.
3. bei differenten Zielen und Wertvorstellungen – hier ist der gemeinsame Lösungsweg vorgeben: die Suche nach einem Kompromiss.
Das ist der Kernpunkt unserer demokratischen Verfassung.