Eltern, Kinder und das Smartphone / Tablet usw.

Kinder zwischen 2 und 5 Jahren sollten maximal eine Stunde pro Tag vor dem Tablet sitzen, empfiehlt die American Academy of Pediatrics. (Quelle: ÄrzteZeitung)

Kinder orientieren sich an Erwachsenen, wollen gerne so toll wie sie sein. Eltern haben Vorbildfunktion.

Spitzer, Manfred, Generation Google, Wie verändern digitale Medien unsere Bildung, Moral und personale Identität? Nervenheilkunde, 29: 711-716, 11/2010

Inzwischen sind Mediengeräte im Alltag mit Kindern allgegenwärtig; insbesondere in diesen Zeiten der Corona-Beschränkungen, in denen Eltern gleichzeitig Eltern, Lehrer, Betreuer sein müssen, während sie den Haushalt und zum Teil auch noch das Homeoffice bewältigen sollen,
Doch immer wieder weisen Fachleute darauf hin, dass schon das Experiment Fernsehen für viele keinen Bildungsgewinn brachte; um so weniger wird das Gedaddel auf Smartphone, Tablet, PC oder Spielekonsole bei den meisten Kindern und Jugendlichen solche positiven Effekte zeitigen.
Schlimmer noch – und das beginnt schon bei Babies – macht die permanente Präsens des Mediums, eines “Dazwischen”, einen ernsthaften Verlust: starren Mutter und Vater – zum Teil selbst während des Spielens, Essens oder Spaziergangs mit dem Kind – immer wieder auf das Handy, fehlt den Kindern der Blickkontakt und die Lebendigkeit der Mimik im Gesicht ihrer Eltern. Diese Kommunikationsmittel müssen sie ja erst interpretieren lernen, so wie Sprache auch.
Auch den Eltern fehlen die vielen kleinen, subtilen Hinweise des Kindes, die sie einfach nicht mehr sehen,
so dass es zu zunehmenden Kontaktstörungen kommt. Mit dem Kind kommt, ähnlich wie beim Handy, kein Kontakt zustande, wenn man keine Aufmerksamkeit und keinen Augenkontakt herstellt bzw. den grünen Knopf nicht drückt. Dann kommt keine Verbindung und erst recht keine Verständigung zustande.
Die Folge der anhaltend wechselnden Bilder, die gerade kleinen Kindern kaum eine Chance zur Strukturierung der Eindrücke lassen, sind Wahrnehmungsstörungen, fehlende Frustrationstoleranz (Spannung aushalten), Lerndefizite, insbesondere Sprachverzögerungen, Empathiestörungen (fehlendes Einfühlungsvermögen). Dabei spielt ein allgemein eingeschränktes Erkundungs- und Bewegungsverhalten eine Rolle, da sich der Radius in dem sich das Kind bewegt und denkt, durch die von außen vorgegebenen Inhalte vorgegeben ist. Eigenes neugieriges Entdecken und Erfinden, Lernen, sich anstrengen, scheinen nicht erstrebenswert – wie auch das Vorbild der Eltern (scheinbar) zeigt. Das ist so, weil sich das Kind selbst (mit dem begehrten Spielzeug in den Händen) weniger bewegt, aber auch, weil ihm die Sicherheit fehlt, dass die Eltern es im Blick haben und es sich sicher fühlen kann.

Hilfreich sind gemeinsam eingehaltene Rituale, die auch die kleine Welt der Kinder überschaubar und einschätzbar macht, Strukturen entwickeln lässt, die Orientierung geben. Das könne zum Beispiel sein: kein Handy beim Essen, im Schlafzimmer / Kinderzimmer, in Fahrzeugen, beim Nachhause kommen oder beim Filme schauen. Symbolisch könne man zusammen mit dem Kind das Handy zum Schlafen hinlegen und es außer Sicht- und Hörweite in eine Kiste legen. Auch auf dem Spielplatz wie in der Schule kann das Handy in der Tasche bleiben.
„Allezeit bereit“ muss nicht und ist auch nicht gesund!
Experimente haben gezeigt, dass allein die Anwesenheit eines Handys im Raum, kaum merkliche, aber messbaren chronischen Stress auslöst, selbst wenn es keine Signaltöne abgibt.

Anregende Quelle: Gießener Anzeiger, 08. 06. 2020

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Kindergesundheit

Eine kurze Geschichte der Religion – Teil 3

katholischer Gottesdienst – Foto: Christian Offenberg

Alle Religionen haben Rituale entwickelt. Ihr Sinn ist a) die Erzeugung eines Gefühls von Sicherheit durch Wiederholung und die Einschätzbarkeit der Situation und b) die Einstimmung der Kultgemeinde auf gemeinsame Gefühle. Die heben den Menschen über ihren Alltag hinaus, helfen ihnen, sich in einer Ekstase gleichsam von sich selbst (von ihrem plappernden Geist, der alles auf sich bezieht) zu befreien, ein flow-Gefühl herzustellen. Über die Fülle der Eindrücke wird oft ein Rausch erzeugt, in dem Hemmungen abgestreift werden können, die das alltägliche Dasein eingeengt haben. Es werden Strebungen freigesetzt, die sonst unterdrückt werden müssen / müssten. So wird ein Ventil geschaffen, das eben nur in der Beziehung zum Ritual und in der Bindung an die Kultgemeinschaft, Erlaubnis findet, sonst Ablehnung und Ächtung erfährt (Beispiel Karneval in katholisch geprägten Gegenden).

Die wachsende Bedeutung des Bewusstseins und der Bildung hat Rituale wie Bindung an die Kirchen stark zurückgedrängt. Hinzu kamen Widersprüche zwischen Lehre und Forderungen sowie dem praktizierten Verhalten, inclusive Amtsmissbrauch bis hin zu vielfach religiös begründeten Aggressionen gegen Andersgläubige.
Viele Religionen lehren an sich Toleranz, aber da jede sich als absolute Wahrheit versteht und sich oft auf eine göttliche Offenbarung beruft, müssen alle anderen Religionen als Aberglaube und „Ketzerei“ erscheinen. Damit im Zusammenhang steht oft die Verpflichtung, sie zu verfolgen, auszumerzen.

Ausgebildete Religionen werden von einer Priesterschaft gewahrt. Teils galten die Priester nur als Lehrer (z.B. Rabbiner) oder als „Hirten“ ihrer Gemeinde (Pastor), teils als direkte Vermittler zur göttlichen Macht (Pfarrer). Ihren Privilegien stehen besondere Pflichten gegenüber. Insbesondere wird oft ihre Sexualität eingeschränkt. In früheren Religionen manchmal durch Kastration, in der katholischen Kirche durch Zölibat.
Die ausgebildeten Organisationsformen nennen sich Kirche. Durch sie fließen weltliche Machtinteressen ein und oft passte man sich mehr oder weniger an politische und andere weltliche Verhältnisse an.
Kirchenobere, Kirchenlehrer, mittlerweile auch Laiengruppen, interpretieren die Lehren, was immer wieder zu Abspaltungen und Sektenbildungen geführt hat.


Literatur:
Ludwig Knoll, Kultur/Geschichte der Erotik, 1982, Band VIII