Begriffs-entwirrungen

Schlange Kaa mit ihrem verwirrungstiftenden Blick; aus dem Film “Dschungelbuch”.
Bild: Anne Möller

Oft, so erlebe ich das in meiner Praxis, wissen die Menschen überhaupt nicht, was sie mit Begriffen wie Psychotherapie, Physiotherapie, Psychiater, Psychologe, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapeut HPG usw. anfangen sollen.
Daher mache ich mich hier mal an die Entwirrung und Aufklärung der Begriffe und ihre Ausbildungs-hintergründe.

Psychische Krankheiten sind etwas Alltägliches und Normales, genau wie körperliche Erkrankungen. Sie betreffen immer den ganzen Körper und sein Umfeld. Sie können jeden treffen, ob jung oder alt, männlich, weiblich wie divers, hier geboren oder zugezogen, ob familiär vorbelastet oder nicht.
Oft sind Symptome wichtige Warnsignale des Körpers, die Schlimmeres verhindern helfen können. Schmerzen z.B. machen auf eine Schädigung irgendwo im Körper aufmerksam, die man beachten sollte.
Zum Teil sind Symptome die Folgen von Konflikten, Traumatisierungen oder andere Verarbeitungsstörungen; seien es akute oder chronische Belastungen z.B. in Familie oder Beruf, Ängste, Depressionen, süchtige Abhängigkeiten, Folgeerkrankungen von schrecklichen Erlebnissen oder was auch immer.
Scheuen Sie sich nicht Ihre dahingehenden Wahrnehmungen frühzeitig mit ihrem Arzt, ihrer Ärztin oder gar einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten anzusprechen!

Manche Menschen scheuen ein erstes Gespräch, weil sie grundsätzlich nicht gerne über Gefühle sprechen, schon gar nicht mit einem Fremden. Andere können sich nicht vorstellen, was in einer Psychotherapie passiert und ob Reden „etwas bringen“ kann. Wieder andere hätten gerne einfach Tabletten, die eine schnelle Reparatur bewirken sollten.
Unter >Wissen< finden sich unter dem Titel “Auch unser Gehirn ist ein Organ / Teil unseres Körpers” noch mehr verständliche sowie wissenschaftlich überprüfte Informationen der Bundes-psychotherapeutenkammer, auf die Sie sich verlassen können.

Psychotherapie, Physiotherapie, Psychiater, Psychologe, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapeut HPG usw.; das “Wer, was, wie” in der Psychotherapie. … Was bedeuten diese Begriffe?

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Starten wir mit Physiotherapie / Physiotherpeut-in

Das Wort stammt aus dem altgriechischen und setzt sich aus physis Natur, Körper + therapeia Dienen, Pflege, Heilung, Wiederherstellung von Funktionen zusammen.
Früher nannte man das Krankengymnastik, aber auch MassageReha-Sport und spezielle Trainingsformen oder die äußerliche Anwendung von Heilmitteln zählen hierher.
Dabei geht es vor allem darum, die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers wieder herzustellen, zu verbessern oder zu erhalten.
Hierbei geht es also vor allem um den Körper.
In der Medizin wird der Begriff Soma für den Körper des Menschen benutzt.

Als Begriff für den alten Begriff Seele  wir für die geistigen Funktionen heute der Begriff Psyche benutzt.

Psychotherapie,

der Begriff ist ebenfalls aus dem Altgriechischen abgeleitet, von psyche „Seele“ + therapeia „Behandlung“,
Psychotherapie bezeichnet allgemein die „gezielte professionelle Behandlung psychischer Störungen oder psychisch bedingter körperlicher Störungen mit psychologischen Mitteln. Die dabei angewandten Verfahren, Methoden und Konzepte sind historisch durch verschiedene Psychotherapieschulen geprägt.
Für die Zulassung als Psychotherapeut gibt es verschiedene Voraussetzungen:

12 Semester Medizinstudium, incl. 3 Staatsexamen.
Mit gültiger Approbation weitere 5-6 Jahre Facharztausbildung als Assistenzarzt
+ berufsbegleitende psychotherapeutische Weiterbildung, neuerliche Prüfung

12 Semester zum Diplom in Psychologie oder
8 Semester zum Bachelor of Science (BSc) im Fach Psychologie
+ aufbauend einen Master (MSc) in Psychologie oder klinischer Psychologie und Psychotherapie
+ 3- und 5-jährige staatlich anerkannte Ausbildung in Psychologischer Psychotherapie oder in  Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie mit Prüfung

Ausbildung nicht geregelt,
lediglich amtsärztliche Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz „HeilprG“,
wobei grundsätzlich gewusst werden muss, was ein Heilpraktiker nicht behandeln darf, wann zum Arzt geschickt werden muss.
Das beinhaltet natürlich auch fachliches Wissen, allerdings qualitativ ungewiss.

Wichtig zu merken: Körper und Psyche sind nichts getrenntes; nur in der Welt der Worte gibt es diese Unterscheidung.


Spezielle Facharzttitel sind:

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
Fachärzte für Psychiatrie = Psychiater, während
Fachärzte für Nervenheilkunde oder Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie auch Nervenärzte genannt werden


Psychologenberufe
in der Therapie:

Erwachsenen-
psychotherapeut
oder
Kinder- und Jugendlichen-Therapeut


Berufsbezeichnung
“Heilpraktiker für Psychotherapie”
bzw. “Praxis für Psychotherapie – nach dem Heilpraktikergesetz” oder “Praxis für Psychotherapie”

Auch unser Gehirn ist ein Organ / Teil unseres Körpers

Liebe Leserinnen und Leser,

psychische Krankheiten sind etwas Alltägliches und Normales. Sie können jeden treffen, ob jung oder alt, männlich oder weiblich, hier geboren oder zugezogen, ob familiär vorbelastet oder nicht.

Manche Menschen scheuen ein erstes Gespräch mit ihrem Arzt, ihrer Ärztin oder gar einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten, weil sie grundsätzlich nicht gerne über Gefühle sprechen, schon gar nicht mit einem Fremden.
Andere können sich nicht vorstellen, was in einer Psychotherapie passiert.
Und einige fragen sich, ob Psychotherapie überhaupt wirkt und ob nicht Tabletten eine schnelle Reparatur bewirken könnten.

Die obige Broschüre „Wege zur Psychotherapie“ wendet sich deshalb in erster Linie an Menschen, die noch nicht mit eine psychotherapeutischen Situation zu tun hatten und sich erst einmal darüber informieren möchten, welche Hilfen es bei psychischen Erkrankungen gibt. Auch Lebenspartner, Familie, Freunde und Kollegen können sich auf diese Weise erst einmal lesend und in der Distanz informieren. Die Broschüre richtet sich an Erwachsene und bietet verständliche und wissenschaftlich überprüfte Informationen, auf die Sie sich verlassen können.

Es geht darum, dem Leser Mut zu machen, sich bei seelischen Krisen mit vertrauten Menschen auszutauschen, sich an eine Hausärztin beziehungsweise einen Hausarzt oder eine Psychotherapeutin beziehungsweise einen Psychotherapeuten zu wenden. Zögern Sie nicht, über seelische Nöte zu sprechen oder sich professionelle Hilfe zu suchen. Psychische Krankheiten sind genauso gut zu behandeln wie körperliche Krankheiten.

Inhalt der Broschüre
1. Was ist Psychotherapie?
2. Wann bin ich psychisch krank? – Erste Fragen an sich selbst
3. Wer behandelt psychische Krankheiten? – Wie finde ich einen Psychotherapeuten?
4. Wie werden psychische Krankheiten behandelt?
5. Was passiert in einer Psychotherapie?
6. Wirkt Psychotherapie?
7. Wer übernimmt die Kosten?
8. Welche Rechte haben Sie als Patient?
9. Adressen

Regeln lernen – auch ohne “Nein, nein”

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Besser auf Augenhöhe: Statt aus dem Nebenzimmer zu schimpfen, sollten Eltern Kindern konkret erklären, dass etwa alle Spielsachen vom Boden in die Kiste sollen.

Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn; Bild: dpa-infocom GmbH

Das Kind sollte längst in der Kita sein, denn die Arbeit ruft. Doch der kleine Trotzkopf zieht sich einfach nicht an. Jetzt bloß nicht schimpfen, sagt eine Expertin. Denn das frisst nur noch mehr Zeit.

“Verdammt noch mal, wie oft soll ich es dir noch sagen?!” Wie viele Kinder hören diesen blöden Spruch tagein, tagaus von ihren gestressten Eltern.
Aber wahrscheinlicher ist, dass sie den Text gar nicht hören – weil er in ein Ohr reingeht und zum anderen wieder raus. Nein, die Kinder lernen an der Stelle vor allem, dass dieser Ton und diese Lautstärke OK sind. Hier passiert sehr schnell “Lernen durch Nachahmen” und kaum eine Zeit später, bekommen die Eltern das Echo dieser eigenen “Ungezogenheit”, der fehlenden Ruhe und Gelassenheit, des fehlenden Nachdenkens und Reflektierens über das eigene Tuns, zurück.

Warum bringt Schimpfen nichts?
Nicola Schmidt: “Sobald man schimpft, verliert man den Kontakt zum Kind.
Mal angenommen, man würde einen Partner oder einen Kollegen kreischend anblaffen, wie oft man ihm etwas noch sagen solle. Der würde doch auch sofort dicht machen.

Als sehr hilfreich sehe ich (Dr. med. Alfons Lindemann, ärztl. Psychotherpeut) hier das Modell einer Ampel: steht die Ampel auf Grün (man ist entspannt und gelassen, rational), darf man fahren bzw. handeln. Bei Gelb (das ist man schon emotionaler) gilt Achtung, bitte bleib in einem Bereich, den du noch regulieren kannst. Bei Orange-Gelb wird es schon sehr kritisch und bei Rot muss man sich in jedem Fall stoppen. Verlassen Sie die Situation, beenden Sie jede Diskussion. In diesem Zustand – bis die ausgeschütteten Hormone nach ca. 20 – 30 Min. aus dem Blut sind – ist nur noch Eskalation möglich. Da ist man von der Dynamik des Geschehens versklavt!
Denn dann wechselt der Modus der Alltagslogik, in dem man kreativ denken kann, in den Modus der Affektlogik. Dort herrschen nur noch archaische, uralte Instinkte, die dazu ausgelegt waren, vor einem Fressfeind zu fliehen oder sich im verwegen mit äußerster Aggression entgegenzustellen … oder, wenn gar nichts mehr geht, sich tot zu stellen, nichts mehr zu merken.

Es gibt Situationen, da fühlen sich Eltern unter Druck. Damit dann etwas vorangeht, scheint Schimpfen der einzige Ausweg.
Es ist jedoch ein Zustand in dem der Erwachsene selbst in Panik ist, keine Lösung, keinen Ausweg mehr sieht, außer aggressiv vorzugehen, zu Schreien, sich in Drohgebärden zu ergehen oder gar wirklich gewalttätig zu werden. (Letztlich möchte man den anderen ja erreichen!)
Aber diese Umgangsformen können auch vom Gegenüber nicht mehr als freundlich, bemüht und “im Grunde genommen” sinnvoll aufgefasst werden.
Wenn Sie das also merken, sind Sie oder Ihr Kind schon im roten Bereich sind, also im Notfallmodus, in dem kreatives Denken und Perspektivenwechsel kaum noch möglich sind, weil hier ausgeschüttete Hormone mitsteuern: Dann ist das für den Erwachsenen ein klares STOPP-Zeichen!
Was immer das Kind dann tut. Das eigen Gefühl dazu beim Erwachsenen spiegelt hier in der Regel den emotionalen Zustand des Kindes: beide fühlen sich in Not und reagieren nur nach den Gesetzten der Affektlogik, also irrational = ohne Vernunft. Hier regiert unser Reptiliengehirn, vom vernünftigen menschlichen Bewusstsein ist nun kaum etwas übrig!
Beide brauche dringend Beruhigung und Trost und Zeit, damit die Stresshormone wieder aus dem Blut ausgefiltert werden können (ca. 30 Minuten, manchmal länger). Verständnis und Hilfestellung oder zumindest Abstand, um nicht mehr mit dem als bedrohlich erlebten Gegenüber (das mir seine Sicht der Welt aufdrängen will) konfrontiert zu sein.

Schmidt: “Wenn Eltern gestresst sind, schalten sie in den Alarmmodus.
Viele Verhaltensweisen der Kinder erscheinen als Bedrohung, die man nur eindämmen müsse, damit Kinder funktionieren. Doch unter Dauerstress fällt es uns schwer, mit den Kindern mitzufühlen.”
(Unbewusst sind eigene schmerzliche Erfahrungen aus der Kindheit angesprochen, die man als Erwachsener wegen der kindlichen Amnesie nicht mehr bewusst erinnert. Dennoch sind die Erfahrungen da und wirken gerade deshalb, weil wir sie nicht wissen, durchschlagend. Im Wiederholen, indem wir nun auch dem eigenen Kind das antut, was wir selbst erlitten haben, müssen wir nicht mehr alleine leiden und allein sein mit diesen schrecklichen Gefühlen. Erwachsene erleben das kindliche Verhalten als Provokation und als drücken “roter Knöpfe”; erkennen nicht, das sich hier szenisch die Möglichkeit der Erinnerung bietet. Innen tobt ein Loyalitätskonflikt zwischen Kindes- und Elternliebe, da man hier im Tun, im ähnlich sein, unbewusst seinen eigenen Eltern noch mal nahe sein kann. usw. …
Dabei fühlt es sich an, als ob man diesen Reaktionen ausgeliefert wäre, statt sie aktiv zu steuern.
Für eine Veränderung solcher Muster und Selbstbestimmung ist es notwendig, sich die eigenen Themen genau anzuschauen, zu trauern und durch Anerkennen dessen, was war, seinen Frieden damit zu finden. (Anm.d.Verf.))

Wie reagieren Eltern im Idealfall mitfühlend?
Schmidt: Wie oft rufen Eltern aus dem Nachbarzimmer vier, fünf, sechs, sieben, acht Mal Anweisungen wie: “Räum deine Legokiste ein!” “Zieh dich an!”, “Putz die Zähne!”
Das hören Kinder gar nicht. Dazu sind sie viel zu vertieft.
Statt wie eine Schallplatte zu klingen, ist es besser, direkt zu dem Kind zu gehen.
Auch lautes Schreien signalisiert dem Kind lediglich, dass diese Tonart OK ist.
Der Sinngehalt von lautem Text ist ja kein anderer, als der des ruhigen Tons!
Kinder imitieren die Erwachsenen, weil sie auch so toll und groß sein möchten, wie die Eltern.
Die beste Unterstützung des Kindes ist also die Arbeit an sich selbst: das Vorleben des gewünschten Verhaltens; es hinbekommen, es sich gut gehen zu lassen, Denn nur attraktives wirkt anziehend.

Lindemann: Mit Abstand, mit Blick auf den Prozess, lässt sich die Situation besser einschätzen, um eine kreativen Ausweg aus einer Situation zu finden, die beiden oder der Situation hilft. Die Forderung geht klar an den Erwachsenen, der die Situation besser überblickt und auch durchzusetzen und zu verantworten hat. (Viele Eltern scheuen heute einen Konflikt. Doch auch den brauchen die Kinder so notwendig, wie das eingebettet sein in die Liebe der Eltern, in deren Vertrauen und Zutrauen.)
Nur im direkten Kontakt mit dem Kind kann man Augenkontakt aufnehmen. (In Ihr Handy sprechen Sie ja auch nicht, bevor sie die Nummer gewählt und den “grünen Knopf” gedrückt haben, das Gegenüber sich gemeldet hat, oder?) Und dann?
Schmidt: Dann hockt, kniet oder setzt man sich auf gleiche Augenhöhe und berührt das Kind.
Beim Sprechen nicken, lächeln und klar machen “Ich kenne das auch, dass man manchmal nicht Schluss machen möchte, ich möchte jetzt, dass wir…”.
So kann sich das Kind ernst genommen fühlen, statt von oben herab behandelt.
Wichtig ist auch, persönlich zu bleiben. Man sollte nie sagen: “Das macht man nicht”. Stattdessen kommt es besser an, etwa zu sagen: “Ich will, dass du nicht kippelst. Das ist mir zu unruhig.”
Lindemann: Diese sogenannten “Ich-Botschaften” machen Aussagen verbindlich und nachvollziehbar. Das ist das allgemeine “Gedoodel” mit einem unpersönlichen “man” oder “Du”-Zuschreibungen nicht (denn bei den “Du-bist-Sätzen” fehlt immer der Vorspann: “ich finde, Du bist …”. Es ist nämlich nie eine objektive Aussage, sondern immer eine von mir subjektiv getroffene Zuschreibung. Und Ihr schlaues Kind weiß das intuitiv.

Frau Schmidt schlägt vor, das Wort “Nein” zu verbannen und dafür eine Ja-Umgebung zu schaffen. Wie soll das funktionieren?
Schmidt: Wenn man dem Kind immer nur “Nein, Nein” sagt, lernt es keine Regeln.
Auch wenn Sie umgekehrt verbreiten, das Kind solle “lieb” sein; was soll ein Kind darunter verstehen?
Lindemann: Sagen Sie doch einfach, was Sie wollen oder was Ihnen als Regel wichtig ist.
Schließlich sind Sie als Eltern die gesetzlich Erziehungsberechtigten (wie es irrtümlich so schön heißt). Nein wirklich, Eltern sind Erziehungsverantwortlich, d.h. anleitend – auch wenn alle sich immer gegenseitig “erziehen” und gerne die Dinge wiederholen, die funktionieren, die Spaß machen, also emotional besetzt werden können, oder zumindest regelmäßig vorkommen.

Wie geht ein “empathisches Nein”?
Schmidt: Angenommen das Kind will unbedingt noch eine spätere Sendung sehen. Statt sich ein Nein-Doch-Gefecht zu liefern kann man entgegnen: “Ich höre dich. Es geht nicht. Aber was ist so cool oder lustig an der Sendung?” Und dann ist man im Gespräch über die Sendung und nicht mehr über das Ja-oder-Nein. Oder Sie lenken das Gespräch auf die Regel und den Sinn dessen. Oder Sie fragen einfach mal nach dem Grund, warum es dem Kind so wichtig ist und hören zu. Das kann sehr helfen, eine bessere Verständigung und ein besseres Verstehen zu ermöglichen.
Oder wenn Kinder kurz vor dem Abendessen wilde Dinge vorschlagen, wie jetzt noch kurz ins Schwimmbad zu gehen. Eine Erziehen-ohne-Schimpfen-Reaktion wäre z.B.: “Eine tolle Idee! Würde ich auch gern. Aber hast du eine Idee, wie wir das in einer Stunde schaffen können, ohne uns total abzuhetzen?” So erkennt man die Idee an und kann zusammen überlegen, warum das nicht klappt oder ob es alternative Möglichkeiten gibt. Denn sehr wahrscheinlich gibt es einen (zumindest im kindlichen Kopf) sinnvollen Beweggrund, der Ihr Kind auf die Idee gebracht hat.

Viele Eltern kennen das: Gehetzt holen Sie ihre Kinder von der Kita ab und haben schon die nächste Aktion im Kopf: Jetzt noch schnell Einkauf, Paket abholen, Reinigung…
Lindemann: Übersetzt heißt das: sie sind nicht da, wo sie sind, nicht Hier und Jetzt, sondern gedanklich schon Da und Dort … allerdings, ohne auf Da und Dort im Hier und Jetzt schon Einfluss nehmen zu können. Dafür aber verpassen Sie das, was ist. … und das vermutlich mehrfach, wenn das Muster nicht erkannt und unterbrochen wird. Zu spüren ist solch ein Verhaltensmodus meist an Unzufriedenheit, Unausgeglichenheit, Schlafstörungen, Lustlosigkeit, Sarkasmus, negativem Gedankenkreisen usw.

Schmidt: …und da wundern Sie sich, dass die meiste Zeit mit Quengeln, Schreien, Wutanfällen und Schimpfen über die Bühne geht? Nicht wirklich, oder?
Ich rate immer: Erstmal nach der Kita eine halbe Stunde Zeit zum Kuscheln nehmen, bevor man irgendwas anderes macht. Glauben Sie mir: Das geht schneller und ist gut investierte Zeit.
Unter dem Motto: Zeit “verlieren”, um viel mehr “Zeit zu gewinnen”.
Lindemann: Das ist ein lustiges Motto, wo der Tag doch immer gleich 24 Stunden hat! Wo soll da der Gewinn herkommen? Es kann also kein Zeitgewinn entstehen! Setzt man die Prioritäten jedoch anderes, so dass man präsent ist, also im Präsens, im Hier und Jetzt. So gibt es einen erheblichen Gewinn an Da-Sein, am miteinander sein können,an befriedigenden Erlebnissen, weil es echten, gefühlten Kontakt gibt.

Quellen: Nicola Schmidt: Erziehen ohne Schimpfen, Gräfe und Unzer, 176 Seiten, 16,99 Euro, ISBN-13: 978-3-8338-6856-6.
https://www.nwzonline.de/familie-meldungen/schimpfen-bringt-nichts-wie-kinder-regeln-am-besten-lernen_a_50,5,2348186408.html
Gießener Anzeiger, 9.9.2019
Dr. A. Lindemann: eigene Erfahrungen und theoretisches Wissen darum, wie unser Gehirn so funktioniert.

Fortsetzung

Wenn, dann … – Sätze konstruieren Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein anderes Ereignis (meist in der Zukunft) eintritt.
Solche Aussagen grenzen schon für Erwachsene an Wahrsagerei; Kindern machen diese Ankündigungen einfach nur Angst.
“Wenn Du nicht gleich aufräumst, dann …”
“Wenn Du nicht aufhörst, gegen den Sitz zu treten, werfe ich Dich aus dem Auto.”
Solche Drohungen sind bei Normalbürgern einfach absurd und sowieso nicht durchzuhalten. Zudem schleifen sich solche Aussagen, mehrfach gebraucht, einfach nur ab und Kinder können die Erwachsenen nicht mehr ernst nehmen. Damit geht ihnen notwendige Führung verloren.

Wer also solche Sätze formuliert, sollte sich genau überlegen, was damit bezweckt wird und was damit tatsächlich erreicht wird und ob er selbst die Bedingungen einhalten kann, die er da aufstellt.
Drohungen gegenüber Kindern sind keine gute Idee. Sie Zerstören Vertrauen.

Außerdem lügen sich die Eltern mit solchen Sätzen meist nur selbst in die Tasche – denn Drohungen die sie nicht umsetzen (können), demonstrieren, dass die Eltern sich selbst nicht ernst nehmen und ergeben damit eine Schwächung des eigenen Selbst, Damit leidet das Sicherheitsbedürfnis des Kindes.

Kinder brauchen kongruentes (in allen Punkten übereinstimmendes) und konsequentes (folgerichtiges, schlüssiges) Verhalten.
Also wenn schon Sanktionen erfolgen, dann muss das rasch / zeitnah / unmittelbar sein, damit das Kind auch die Zusammenhänge korrekt verknüpfen kann.
Konsequenzen sollten dabei immer angemessen sein.
Hat man in seiner Not 3 Tage Stubenarrest ausgesprochen, sollte man die Größe haben, das in einem klärenden Gespräch – wenn sich die Gemüter beruhigt haben – zurückzunehmen.
Wichtig wäre hier auch, dem Kind einmal zuzuhören. Denn es hat(te) auch Beweggründe für sein Verhalten, das in seiner Sicht der Welt möglicherweise für den eigenen Selbsterhalt essentiell war.

Will man Kindern allerdings Regeln und Grenzen oder Normen beibringen, können Wenn-dann-Sätze allerdings durchaus sinnvoll sein, um Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu erklären.
Wenn das Kind um die Regeln weiß und sie bricht, ist es wichtig auf die Grenzübertretung angemessen zu reagieren oder Verbote auszusprechen.
Das Aufzeigen von Konsequenzen: “Wenn Du Deine Hausaufgaben nicht machst, bekommst Du in der Schule Ärger”, ist also durch aus sinnvoll.
Aber auch hier lohnt es meist, sich Zeit zum Zuhören zu nehmen.

Quelle: Gießener Anzeiger, 24. 2. 2020

Wahrnehmung – unsere inneren Universen

Wir sehen die Dinge nicht,
wie sie sind;
wir sehen sie so,
wie wir sind.

Das Gehirn als Prognosemaschine

Was echt ist und was nicht, erscheint in unserer heutigen Gesellschaft zunehmend beliebig zu werden … und zeigt sich in zunehmendem Maße als ganz real gefährlich.
In besonderem Maße nehmen z.B. Kriegsparteien unterschiedliche Realitäten wahr und glauben fest daran.
Aber auch bevor es Krieg wird, stehen sich Gruppen mit ihren Vorurteilen oft feindselig gegenüber.

Grundlegend unterschiedliche innere Universen (Vorstellungswelten) finden wir aber nicht nur bei Kriegen und Psychosen. Sie sind unser Alltag.

Wie leicht sich unsere Wahrnehmungssysteme austricksen lassen, wissen wir alle und sehen es oben am Beispiel einer optischen Täuschung.

Die Annahme, ein richtig funktionierendes Gehirn würde dem Bewusstsein die Dinge genau so präsentieren, wie sie wirklich sind, zeigt sich (schon bei der optischen Täuschung) als Fehleinschätzung.
Tatsächlich besitzen wir kein direktes Fenster zu einer objektiven Realität.

Schon im 17. Jahrhundert unterschied der englische Philosoph John Locke (1632-1704) zwischen “primären” und “sekundären” Qualitäten.
Die “primären” Qualitäten eines Objekts, wie seine Festigkeit oder der Raum, den es einnimmt, existieren unabhängig von demjenigen, der sie wahrnimmt. “Sekundäre” Qualitäten, wie etwa Farbe, gibt es dagegen nur durch den Betrachter.
Denn seit Isaac Newton ( 1642-1726) wissen wir jedoch, dass Farben in der Außenwelt nicht existieren. Sie werden vielmehr vom Gehirn aus Mischungen farbloser elektromagnetischer Strahlung unterschiedlicher Wellenlängen zusammengebaut.
Zudem nehmen wir Menschen nur einen winzigen Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Spektrum zwischen Infrarot bis Ultraviolett wahr. Damit können Wahrnehmungserlebnisse keine umfassende Wiedergabe einer objektiven Außenwelt darstellen.

Vielmehr, so der heutige Stand der Erkenntnis, stellt unser Gehirn fortlaufend Vermutungen über die Welt da draußen an und gleicht Sinneseindrücke ab, um damit die Realität zu konstruieren, die wir dann wahrnehmen. Es erzeugt sozusagen eine Art kontrollierte Halluzination.

Dennoch ist daraus keineswegs zu folgern, dass nichts real wäre.
Die Interpretation der Wahrnehmung als kontrollierte Halluzination bedeutet also nicht, dass es klug wäre, Wahrnehmungen aus der Welt für illusionär zu erklären und z.B. vor ein Auto zu laufen.

Die Realität, die wir erleben, ist mal weniger, mal mehr als das was außen wirklich da ist.
Die Welt, wie sie zu sein scheint, spiegelt nicht unbedingt wieder, was tatsächlich vorhanden ist. Unser Geist schafft sich seine Realität.

Es handelt sich also nicht um ein passives Aufnehmen einer äußeren, objektiven Realität, sondern um einen aktiven Konstruktionsprozess – eine kontrollierte Halluzination:
Andauernd entwickelt und aktualisiert das Gehirn plausible Hypothesen (Annahmen) über Sinneseindrücke. Hierfür kombiniert es frühere Erwartungen oder “Überzeugungen” über die Welt mit den neu hinzukommenden sensorischen Daten, die über Augen, Ohren, Nase, Fingerspitzen und alle weiteren sensorischen Kanäle eintreffen, und berücksichtigt dabei auch die Zuverlässigkeiten der Signale.
Aus den Unterschieden zwischen vorhergesagten und tatsächlichem Input resultiert der “Vorhersagefehler”, mit dem das Gehirn die Prognosen aktualisiert und sich auf die nächste Runde vorbereitet.
Dabei sucht es stets, die Abweichung so niedrig wie möglich zu halten.
Die daraus sich ergebende plausible Vermutung ist dann das, was wir letztlich wahrnehmen.
Unsere Wahrnehmungswelt besteht also aus kontrollierten Halluzinationen, mit denen das Gehirn Vermutungen über die unergründlichen Ursachen der sensorischen Signale aufstellt.

Die meisten von uns erleben solche kontrollierten Halluzinationen als real – allerdings nicht immer.
Manchen Menschen (z.B. in dissoziativen Zuständen) empfinden ihre wahrgenommene Welt oder ihr eigenes Ich als irreal.

Da die Eindrücke, mit denen jedes Gehirn arbeitet, entstehen im Umfeld des eigenen, ganz individuellen Lebens- und seiner Informationsgeschichte. Daher lebt jeder von uns in seiner eigenen (inneren) Welt, die sich von derjenigen der anderen Mitmenschen unterscheidet.

Immer kommt es sehr darauf an, wie wir damit umgehen.
Wir können eine eher spaltende, Unterschiede betonende, pessimistische oder eine Zusammenhänge betonende, integrierende, tolerante, optimistische Grundhaltung einnehmen.
Je nachdem entstehen unterschiedliche Erwartungen, vershiedenartiges Erleben und eigene Weltbilder … mit mehr oder weniger Spielraum zur Alltagsbewältigung.

Quellen: Seth, Anil K.: “Wahrnehmung – Unsere inneren Universen“, in Spektrum der Wissenschaft 2.20, 2020, S. 18-24, URL: (Stand: 01.02.2020) und https://www.michaelditsch.de/koerper-psyche/individuelle-realitaet

Ideen für Biebertal

Viele Ideen in die Tat umgesetzt ergeben ein gutes Gefüge

Dem ehemaligen Ortsvorsteher Helmut Mattig liegt das Motto der 750 Jahrfeier Fellingshausen 2014 „Tradition erhalten – Zukunft gestalten“ – sehr am Herzen.

Der Presseartikel „Ländlichen Raum zukunftsfähig machen“ vom 16.11.2019 machte auf den Wettbewerb „Unser Dorf hat

Der Presseartikel „Ländlichen Raum zukunftsfähig machen“ vom 16.11.2019 im Gießener Anzeiger machte auf den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ aufmerksam. Da nur die Gemeinden die Teilnahme am Wettbewerb anmelden kann und die Anmeldefrist am 28.2.2020 ausläuft, ging eine schriftliche Erinnerung dazu an die Bürgermeisterin. Eine Antwort blieb bislang aus.

So erschienen Anfang und Mitte Februar in den Biebertaler Nachrichten vom Marktteam, in dem Mattig mitarbeitet, der Aufruf an die Bürger, Ideen zu entwickeln, damit unser Dorf auch in Zukunft lebens- und liebenswert bleibt.
Das Marktteam in Fellingshausen bietet dort an, sich darum zu kümmern.

Auch der Biebertaler-Bilderbogen.de (kurz: bibibo.de) hat diese Ideen bereits aufgegriffen und unter der Seite Treffpunkte eine interaktive Plattform geschaffen, Dort findet man die Rubriken „Meinungstreff„, sowie „Lobenswert“ und „Verbesserungswürdig„.
Hier können Bürger über den E-Mail-Kontakt info@biebertaler-bilderbogen.de ihre Ideen und auch Bilder dazu weitergeben.

Wir hoffen, damit eine öffentliche Diskussion anzustoßen, die genau diese Ideen und die vorhandenen Kompetenzen im Dorf für ein besseres Zusammenwirken stärkt.
Man hat den Eindruck, dass es an Kommunikation zwischen den Akteuren bzw. den Menschen mangelt, die etwas für ihr Dorf tun möchten.
Der Besuch von Veranstaltungen mit mehr persönlichem Kontakt ist oft aus Zeitmangel nicht möglich, aber Medien bieten die Chance, sich dennoch zu beteiligen und mitzugestalten.

Es macht Sinn, den Zusam­menhalt im Dorf zu stärken! Eine Unterstützung, bei dem auch Fördergelder winken, ist der Wettbewerb, „Unser Dorf hat Zukunft“ (Bis 1997 „Unser Dorf soll schöner werden“)
Es geht dabei darum, den Lebensraum eigen­verantwortlich zu gestalten und damit die Lebensqualität im ländli­chen Raum für alle Einwohner/innen auf Dauer zu sichern.
Das erfordert aber Initiative, Kreativität und Innovation der Bürger.
Helmut Mattig führt als Beispiele dafür den Wochenmarkt und die Intitiative für den Erhalt eines Geldautomaten im Dorf an, bei der er aktiv ist. Darüber hinaus gibt es, wie der Veranstaltungskalender des Bilderbogens eindrücklich zeigt, sehr viele Bemühungen von Bürgern in Vereinen, Veranstaltungen, Naturschutz usw., die gewürdigt und vielleicht auch gefördert werden könnten. Wertschätzung jedenfalls tut gut! Ebenso ist es wichtig, für eine gewisse Grundversorgung in den Ortschaften zu sorgen.

Helmut Mattig: „Wichtig ist doch, weiterhin den Zusammenhalt im Dorf zu stärken, damit sich alle – Jung und Alt, Neubürger und Alteingesessene – zu Hause fühlen können, unter Menschen, auf die sie sich verlassen können, in einer Gemeinschaft, für die sie sich gerne engagieren (z.B. in Vereinen und losen Gruppierungen)!“

Quelle: Biebertaler Nachrichten, Nr. 7, 14.2.2020 und Nr. 8, 21. 2.2020
https://www.mittelhessen.de/infos-zu-unser-dorf-hat-zukunft_20706175

Foto: Eveline Renell

Unser Grenzsteingarten am Kelten-Römer-Pfad

Helmut Döpfer an den Hinweistafeln in Biebertal-Fellingshausen

Der Grenzsteingarten (Lapidarium) wurde im Frühjahr 2014 maßgeblich von Ernst Döpfer, Obmann für Historische Grenz- und Vermessungsmale im Landkreis Gießen, eingerichtet und noch heute gepflegt.

Im Lapidarium sind u.a. historische Vermessungsmale (Rillensteine) zu sehen,

In den Flyerboxen (oben zu sehenden) finden sich Informationen über die ausgestellten historischen Grenzsteine, zu Hausmarken- und Wappenkunde und zur früheren Schreibweise von Buchstaben und Zahlen.

Aktuell sind die Flyerboxen leer: Die Kästen sind undicht und durch den Regen der vergangenen Zeit sind die Faltblätter durchnässt, schimmeln, sinken vom Eigengewicht nach unten. Gibt es dann zwischendurch Frost, werden die Blätter von Besuchern des Denkmals nur teilweise herausgerissen … weil unten festgefroren. 
Es gibt 4 Flyerboxen für 8 verschiedene Flyer.
Zur auffälligen Trennung legt Herr Döpfer extra ein Blatt aus rotem Plastik dazwischen. Auch das nehmen dumme Menschen mit.

„Demnächst (März/April) reinige ich wieder einmal alles und fülle die Kästen mit den offensichtlich gefragten Faltblättern auf,“ so Döpfer. „Es wundert mich sehr, dass bislang noch niemand nachgefragt hat:  Wer druckt die Faltblätter – wie kommen die wöchentlich dorthin – wer bezahlt den Druck? !!!“

„Ebenfalls wöchentlich beseitige ich fein säuberlich die Hinterlassenschaften von unachtsamen Mitmenschen:  leere Flaschen (beliebt sind Wodka und Wein) und Dosen (Bier, Apfelwein). Flachmänner, neuerdings auch Frühstücks-Papier der Bäckerei aus dem neuen Edeka, Papiertaschentücher, Bonbonpapier und nicht zu vergessen: Hundescheiße, verpackt in den am Weg angebotenen Plastiktüten. Ein freundlicher Mensch hat auch schon mal ein Papier mit dem Titel „Jesus lebt“  in die Flyerboxen gestopft.“
Aus eigener Anschauung möchte ich hinzufügen, dass der Hundekot auch unverpackt da gelassen wird, einfach achtlos und verantwortungslos vor der dort befindlichen Sitzbank. Reintreten soll ja Glück bringen! Doch wertschätzender Umgang mit anderen wie mit der Natur an unseren Wegen geht einfach anders. Dies zumal, wenn auch erst nach einiger Strecke, Mülleimer von der Gemeinde angeboten und geleert werden.

Quellen: persönliche Mitteilungen und persönliche Eindrücke, sowie
https://www.grenzmale-hessen.com/lapidarien/gleiberger-land/

Käse schließt den Magen zu … ?

Foto: https://pixabay.com/de/photos/k%C3%A4se-kitschig-nahaufnahme-farbe-1238395/

Archäologen gehen davon aus, dass Menschen seit etwa 9.000 Jahren Tiere nicht nur wegen ihres Fleisches, sondern auch wegen der Milch gehalten haben.

Käse enthält Proteine, Vitamin B2 und Calcium – darum rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, täglich zwei Scheiben davon zu essen. Dann bleiben die Knochen gesund und das Risiko für Darmkrebs verringere sich.
Tatsächlich ist es so, dass die freien Fettsäuren im Käse das Gefühl der Sättigung verstärken: sie regen die Darmwand zur Freisetzung bestimmter Verdauungsenzyme an. Das führt wiederum dazu dass sich der Magenausgang Richtung Darm schließt und die Nahrung länger im Magen verbleibt. Das signalisiert dem Gehirn, dass der Magen gut gefüllt ist und wir somit ein Sättigungsgefühl verspüren.

Grundsätzlich ist das Gefühl „Hunger“ die Aufforderung, zu essen. Dabei ist es optimal, sich danach zu richten. Vorher, wie auch nachher, passen die inneren Abstimmungen der Verdauungsvorgänge nicht mehr so gut zusammen, so dass man keinen rechten Appetit mehr hat oder einem das Essen schwer im Magen liegt und die Nahrung nicht gut verwertet werden kann. Proteine faulen, Kohlehydrate gären im Darm, was zu schmerzlichem Blähbauch, Flatulenz und Verstopfung oder seinem Gegenteil führen kann.
Ebenfalls grundsätzlich ist es so, dass beim Essen im Schnitt nach 20 Minuten das Gefühl der Sättigung gespürt wird – unabhängig davon, wie viel gegessen wurde.
In geselliger Runde wird allerdings, unabhängig vom Hunger, üblicherweise mehr gegessen, als sonst.

Dass der Käse riecht oder Löcher hat, liegt an seiner Herstellung, bei der dem Milchprodukt für die Reifung und für den Geschmack Schimmelpilze oder Bakterien zugesetzt werden. Deren Art entscheidet darüber, ob der Käse stark riecht oder eher Löcher aufweist.
Ob die Geruchsempfindungen dann eher positiv oder aversiv ausgestaltet erlebt werden, liegt meist an den eigenen Erfahrungen und Assoziationen, die man mit dem Geruch verbindet, oder am Gesundheitszustand jedes Einzelnen.

Quelle: Gießener Allgemeine, 20.01.2020

Stress – was ist das eigentlich? … und was geschieht da in unserem Körper? Was hat das mit Angst zu tun?

Rehbock auf der Flucht

Oft habe ich in der Arztpraxis den Eindruck, dass manchem viel Leid erspart bleiben könnte, wenn er/sie aufgeklärt wäre, worüber sie/er redet. Denn Stress ist ein Wort, das ich oft höre und bei dem ich immer wieder feststelle, dass konkrete Vorstellungen davon und von dem was da im eigenen Körper passiert einfach fehlen.

Warum dieses Foto? … Ist Stress denn nicht etwas menschliches?

Nein, Stress ist ein Schutzmechanismus aus frühester Vorzeit, der sich in der Biologie so sehr bewährt hat, dass er auch in einer Welt weiter wirkt, in der es nicht mehr nur um “Fressen oder Gefressen werden” geht. Denn biologische Veränderungen sind viel viel langsamer als gesellschaftliche.
Stress bezeichnet eine gesunde, kurzfristige Alarmreaktion, zur Aufmerksamkeits- und Kraftsteigerung, um sich durch Flucht einem Fressfeind zu entziehen oder im Notfall gegen ihn zu Kämpfen. Im Gefühl maximaler Bedrohung stellen wir uns dabei sogar tot, um beim Fressfeind eine Beißhemmung auszulösen und den Spiel- und Jagdtrieb zu dämpften.

Bild: Eberhard Fuchs, Symposium: Stress, Schlaf und psychosomatische Beschwerden, Vitos Klinik Gießen, 22.10.2011

Unwissen , Unsicherheit, Kontrollverlust fühlen sich an wie eine Bedrohung und die erzeugen Angst.
Angst ist ein bedeutender Stressor, also ein Auslöser der Stressreaktion im Körper, die wir uns genau ansehen wollen, um uns und unsere Reaktionen besser zu verstehen.

Angststörungen (sei es Flugangst, Platzangst, Angst vor Spinnen oder Mäusen oder auch eine diffuse Angst “ohne Grund” usw.) sind häufig und sehr oft irrational ausgelöst.
Irrational meint “ohne Vernunft”. Denn diese alten, archaischen Stress- oder Angst-Reaktionen werden (entwicklungsgeschichtlich gesehen) noch von unserem Reptiliengehirn gesteuert, das lange vor unserem denkenden Großhirn da war.
Rational, also vernünftig, ist eine Aktivierung unseres Alarmsystems, immer da, wo eine echte Bedrohung da ist – sei es ein uns nicht wohlgesonnener Mensch oder ein LKW im Straßenverkehr etc..

Kurzfristige Aktivierungen unseres Stresssystems helfen aufkommende Probleme zu bewältigen.
Problematisch und erschöpfend wirkt eine solch Aktivierung erst, wenn die Alarmreaktion anhält und Stressoren chronisch auf uns einwirken.

In unserer modernen Welt kann alles ein Stressor, ein Stressauslöser sein.
Das reicht von einer echten, realen Bedrohung durch ein Gegenüber, Krieg oder Naturkatastrophe; über drohenden Arbeitsplatzverlust, Zeitdruck und Arbeitsverdichtung, bis hin zur Angst vor dem Postkasten, wenn unangenehme Post erwartet wird oder dass das Telefon klingelt, wenn ein unangenehmer Anruf vom Chef droht; Angst vor eine Spinne, die – vor Jahrtausenden gelernt – giftig sein kann, einer Maus, Zecke oder Mücke, die Krankheiten übertragen könnte oder wenn das eigene Selbstbild erschüttert werden könnte; usw.

Was passiert nun im Körper,
um die zusätzliche Kraft zur Verfügung zu stellen,
die in der (echten oder gefühlten) Bedrohungslage gebraucht wird?

Wird eine Bedrohung wahrgenommen, werden sofort Botenstoffe ins Blut ausgeschüttet und Nervenimpulse losgeschickt, die für die Selbsterhaltung notwendig sind.

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Bild: Eberhard Fuchs, Symposium: Stress, Schlaf und psychosomatische Beschwerden, Vitos Klinik Gießen, 22.10.2011

Allein die Botenstoffe benötigen mindestens 20-30 Minuten, um wieder aus dem Kreislauf entfernt zu werden; auch wenn kurze Zeit nach der Alarmierung erkannt werden sollte, dass man sich geirrt hat. 
Beunruhigen dann die eigenen, unverstandenen körperlichen Reaktionen weiter, dauert das Abflauen der Alarmaktivierung einfach nur länger.
Sicher ist allerdings, da jedem irgendwann “der Sprit” ausgeht, dass diese Körperreaktion endlich ist.
Für gesunde Menschen ist das Geschehen – trotz aller innerer Aufgewühltheit und gefühlter Angst – völlig ungefährlich. Lediglich in seltenste Ausnahmen kommt es zu wirklich bedrohlichen Zuständen.

Die ausgeschütteten Botenstoffe und Nervenerregungen sorgen dafür, dass die für Flucht oder Kampf notwendige Kraft verfügbar gemacht wird.
Für die Energieerzeugung, werden schnell verfügbarer Brennstoff (Glukose) und Sauerstoff in die Zellen geschafft. Dort wird der Zucker mit Sauerstoff in chemischen Reaktionen verbrannt. In energiereichen Bindungen von Transportmolekülen wird die erzeugte Kraft in die Blutbahn entlassen.

Das vermehrte Atmen, um viel Sauerstoff in die Zellen zu bekommen, bewirkt oft ein Gefühl der Atemnot.
Es passiert hier das gleiche, wie z.B. beim Joggen. Auch da wird mehr Kraft in den Muskeln gebraucht.
Nur, da man bei Joggen weiß, dass das vermehrte Atmen normal ist, regt niemanden auf.
Zum anderen wird einem bei erhöhter Körperarbeit heiß. Um nicht zu überhitzen, reguliert der Körper gegen und man beginnt zu schwizten. Denn mit der beim Schwitzen entstehenden Verdunstungskälte – gefühlte Kaltschweißigkeit – hält der Körper seine Temperatur auf 37 Grad und fängt nicht an zu fiebern.

Um die in den Transportmolekülen gespeicherte Energie für Flucht oder Kampf verfügbar zu haben, wird die Durchblutung der Muskulatur verstärkt und der Blutzufluss zu den großen Energieverbraucher Gehirn und Darm gedrosselt. Unterstützend beschleunigt sich der Herzschlag und der Blutdruck steigt.

Dadurch bedingt erlebt man z.B. einen hochroter Kopf, Herzrasen und Tunnelblick – eingeschränktes Denkvermögen -, Schwindelgefühl, Übelkeit oder nervösen Durchfall.
Diese Symptome beunruhigen / stressen oft zusätzlich und befeuert die Vorgänge erneut.
Doch all das sind nur die natürlichen Folgen von effizientem Verhalten: “weder muss das Brötchen, wenn man gefressen wird, vorverdaut sein, noch muss man wissen, wie viele Streifen der Tieger hat, der einen verfolgt! Sowohl Denken wie Verdauen sind Vorgänge, zu denen man Ruhe braucht.
Interessant ist jetzt lediglich, den Ausweg nicht aus dem Blick zu verlieren, der einen retten könnte.

Wird nun die in den Muskeln verfügbar gemachte Energie nicht durch Bewegung (Flucht oder Kampf und Bewältigung der Situation) verbraucht, muss der Körper die vorhandene Kraft, die nicht gespeichert werden kann, anderweitig los werden.
Zwei Wege stehen offen:
Haltearbeit, bei der Muskeln unter Spannung und Gelenke unter Druck geraten, was irgendwann zu Schmerzen oder überlasteten Bandscheiben führt (beides freundliche Hinweise des Körpers, dass im Grunde / zugrundeliegend etwas sehr schief läuft, das dringend korrigiert werden sollte!),
Interessant ist auch, dass die Anspannung dazu führt, dass sich der Körper zusammenzieht, so dass das physiologische Empfinden von Enge, psychologisch dem Gefühl der Angst entspricht.
Auch das Empfinden von Zurückhaltung gehört in diesen Assoziationskontext.
– und Mikrobewegungen, bei dem Musekelfastern fein fibrillieren, denn auch bei kurzem Weg gilt:
Kraft x Weg = Arbeit)  was als Unruhe, als Zittern wahrgenommen und oft als “nervöse” Unruhe gedeutet wird.

Wie schon gesagt, sind diese körperlichen Alarm- und Bereitschaftsreaktionen im Alltag für allerlei Aktivierungen und Problembewältigungen äußerst hilfreich, wenn sie kurze Zeit dauern!
Hält die Alarmierung des Körpers längere Zeit an, können sich vielfältige pathologische Störungsbilder entwickeln, weil der Organismus kaum noch Erholungszeiten zur Regeneration hat und so langfristig aus dem Gleichgewicht gerät und sich erschöpft.
z.B. kann der Blutdruck chronisch erhöht bleiben, weil der Körper nach einer Weile einen neuen Zustand für “Normal” hält und ihn immer wieder – auch in Entspannungssituationen – hoch regelt. Ebenso können vermehrte Herzarbeit mit chronisch erhöhtem, schnellen Puls, Schlafstörungen, Libidoverlust, Diabetes, Schmerzen oder Gelenkprobleme und Bandscheibenvorfälle Hinweise auf andauernde Stressbelastung sein.

Gewalt folgt ihrer eigenen irrationalen Logik

Während ich mich im Urlaub über das tolerante Neben- und freundliche Miteinander verschiedenster Menschen und Nationalitäten begeisterte, erfuhr ich aus dem Gießener Anzeiger vom 24. Januar, dass in Biebertal inzwischen zu Waffen gegriffen wird, um Konflikte auszutragen.
Das bezeichnet eine neue, schreckliche Eskalationsstufe – nicht nur in Biebertal!

Viele verschiedene Menschen – viele verschiedene Interessen
Betont man die Differenz, geht man sich in der Folge aus dem Weg … reale Eindrücke werden weniger, Vorurteile bleiben oder entwickeln sich stärker.
Betont man das Gemeinsame und Ergänzende, lässt sich mit Interesse und Toleranz meist ein Weg der Verständigung finden.

Um in Biebertal zu bleiben: Warum schießt jemand auf das Eigentum eines Busunternehmers?
Warum verwandelt jemand eine zugelassene Mountainbike-Strecke in eine lebensgefährliche Falle?

Derartige Eskalationen folgen ihrer eigenen inneren Logik: die Beteiligten sind von der Dynamik des Geschehens wie versklavt; Sie sind nahezu gezwungen, zu immer härteren Mitteln zu greifen. Denn ihr Ziel, die anderen zu erreichen und ihnen die eigenen Positionen aufzuzwingen, kann mit diesen Mitteln der Gewalt nicht erreicht werden.
Denn die Form wird immer den Inhalt überschatten, so dass kaum zu echtem Kontakt kommen kann.

Wie bei so vielen Themen ist das Problem, dass nicht miteinander gesprochen,
sondern übereinander geredet und übereinander phantasiert wird.

Der Königsweg ist natürlich der reale Kontakt; das echte Gespräch auf Augenhöhe und im Augenkontakt – so dass auch Mimik, Gestik, Tonfall, Lautstärke, Stimmmodulation usw. wahrgenommen sowie Hintergründe von Meinungen und Zielen ausgetauscht werden können.
Ein gangbarer Weg führt aber auch über Medien, die zwar grundsätzlich ein “Dazwischen” sind und trennend wirken. Daher eigenen sie sich ja so gut für Hassbotschaften. Dort kann man sich ja anonym und feige äußern, ganz ähnlich denen, die real in der analogen Welt aus dem Hinterhalt agieren.

Medien lassen sich jedoch auch verbindend einsetzen. So z.B. über den >Meinungstreff< des Biebertaler-Bilderbogens. Hier dürfen sich kritische Geister zeigen; hier werden kreativen Ideen als Bereicherung verstanden, die dann hoffentlich zu konstruktiven Vorschlägen ausdiskutiert werden.

Wenn die machtvollen Täter also wirklich mutig sind, agieren sie nicht aus dem Hinterhalt und gefährden die Leben der anderer.
Vielleicht begreifen sie in der Diskussion, dass wer hasst, letztlich zuerst und langanhaltend den eigenen Körper den Auswirkungen dieses Gefühls aussetzt. Das bedeutet chronischen Stress, der langfristig sehr ungesund ist und das eigene Leben gefährdet.
So ist das mit den Gemeinsamkeiten, die man zuerst oft nicht sieht.

Ich bin froh, dass ich hierzulande alltäglich ohne Bewaffnung durch den Wald und die Straßen fahren oder gehen kann – ohne Gefahr zu laufen, dass ich, an der roten Ampel stehend, ausgeraubt werde. Dazu hatten wir uns gesellschaftlich bereits vor etlichen Jahrzehnten geeinigt, die Waffengürtel abzulegen und das Gewaltmonopol an den Staat und seine Vertreter abzutreten – die ihrerseits beeiden, diese Macht zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen.

Immer – auch seitens der Politik – da, wo eine Informationslücke entsteht, wird diese mit eigenen Phantasien und früheren Erfahrungen verbunden. Diese Gedanken erzeugen Gefühle, erzeugen und verstärken Stimmungen – bestätigen Vorurteile, statt dass genau hingesehen wird.

Radfahrer z.B., so erlebte ich es, fahren oft ohne sich bemerkbar zu machen, relativ schnell auf Fußgänger zu. Erschrecken und unfreundliche Begegnungen entstehen.
Solch negative Eindrücke und die Enttäuschung eigener Erwartungen führen schnell zu Stimmungen.

Insbesondere die nur schwer auszuhaltenden Gefühle Hilflosigkeit und Ohnmacht kennt jeder aus frühester Kindheit, erinnert das aber meist nicht mehr. Doch damals, wie auch in Stresssituationen, gibt es nur “entweder-oder”, “schwarz-oder-weiß”, “gut-böse”, “alles-oder-nichts”, “ich-oder-du”.
Da sich niemand gern klein, unterlegen oder machtlos fühlt, wird die passiv erlebte Angst vor der Ohnmacht lieber in aktive Wut bis hin zu Hass und Menschenverachtung in aggressive Tat gewandelt und so aus dem Erleben abgewehrt und dafür dem anderen als dem bösen “Verursacher” angelastet.

Einmal stimmt das sachlich inhaltlich nicht, da alle Menschen autonome Wesen sind und jeder, zumindest seine Gefühle und Handlungen, immer selbst macht.
Zum anderen lassen sich tragfähige Lösungen nur im Miteinander finden, die von allen Beteiligten – mit mehr oder weniger Zähneknirschen oder vielleicht sogar mit echtem Gewinn für alle – getragen werden können. Der Austausch von Ideen bringt ja immer wieder unerwartete Überraschungen und gangbare Wege, die man allein nicht gesehen hätte.

Hier braucht es ein Umdenken und die Bereitschaft Dorfgemeinschaft wieder als Teil des eigenen egoistischen Interesses (z.B. sich frei bewegen und frei reden zu können) zu begreifen; es nicht den Politikern zu überlassen oder gar selbst ernannten Sheriffs.


Konflikt-formen und -lösungen:
1. banale Missverständnisse – um sie aufzulösen braucht es eine Aufklärung der Kontexte: wie was von wem, unter welchen Umständen, gemeint war und gehört wurde.
2. Verwechslungen (Übertragungen), dabei erlebt und sieht man jetzt im anderen etwas, was eigentlich in eine andere Zeit, zu einer anderen Person oder eine andere Situation gehört (z.B. da verhält sich jemand so wie der eigene Vater und löst entsprechende Gefühle und Reaktionen aus).
Hier gilt es, die Zusammenhänge aufzuklären, Abstand zu finden und den Kontakt zum aktuellen Gegenüber, zu aktuellen Situation herzustellen.
3. bei differenten Zielen und Wertvorstellungen – hier ist der gemeinsame Lösungsweg vorgeben: die Suche nach einem Kompromiss.
Das ist der Kernpunkt unserer demokratischen Verfassung.

Gut durchschlafen … erfrischt aufwachen

Zwar kann der menschliche Körper auch schon mal mit weniger Schlaf auskommen. Dennoch hat schon eine Nacht mit zu wenig Schlaf bereis mentale und körperliche Auswirkungen. Länger anhaltende
Schlafstörungen jedoch haben erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen.

Wenn die Störung rasch erkannt und behandelt wird, sind die Ergebnisse gut.

Tagesmüdigkeit kann viele Ursachen haben; z.B. fehlende Schlafhygiene oder unpassende Schlafvorbereitungen, neurologische und psychiatrische Störungen, schlafbezogene Atmungsstörungen oder auch die Einnahme von Medikamenten oder Drogen (wozu auch Alkohol, Nikotin, Kaffee gehören).

Bekommt man nicht genug erholsamen Schlaf, können Stimmungsschwankungen, Aufmerksamkeits-störungen die Folge sein. Dadurch erhöht sich die Unfallgefahr – daheim, im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz. Ohne Schlaf leidet die Merkfähigkeit. Es kommt zu Gedächtnisstörungen und zu einer Beeinträchtigung komplexer und kreativer Denkvorgänge. Das Immunsystem wird geschwächt, so dass eine Infektion eher ausbrechen kann.
Als Gegenregulation werden dann oft zu Stimulanzien wie Koffein und Nikotin gegriffen. Nikotin führt zu Anspannungen im Gewebe und behindert damit das Einschlafen. Auch Alkohol ist für die Entspannung nicht förderlich. Er unterdrückt in höheren Dosen den Tiefschlaf und es kann in der zweiten Nachthälfte zu Albträumen, Wachphasen und verstärktem Schwitzen kommen.
Zudem werden übernächtigte Menschen als weniger attraktiv wahrgenommen.

Echte Abhilfe schafft nur ein 20-30 minütiges Nickerchen am Tage.
Nicht länger! Denn dann kommt man meist nicht mehr auf Touren!

In der überwiegenden Zahl der beim Arzt vorstellig werdenden Fälle von Schlafstörungen, liegt eine falsches Schlafverhalten vor. Darüber hinaus gibt es allerdings auch ernst zunehmende Schlafkrankheiten (Insomnien).

Hilfreich, zu wissen ist z.B. dass das schlafeinleitende Hormon Melatonin bei Jugendlichen später ausgeschüttet wird als bei Kindern vor der Pubertät.
Deshalb können Teenager oft erst gegen 22.30 oder 23.00 Uhr einschlafen.

Es kann jedoch auch sein, dass man nachts um 3 Uhr wach wird und es dann schon mal zwei bis drei Stunden dauert, bis man wieder einschläft.
Das liegt an den verschiedenen Schlafphasen während der Nacht, bei denen es wie mit einem Aufzug hinab in den Schlaf oder hinauf in den Wachzustand geht.

Wenn also Sie oder Ihr Baby Schlafprobleme haben oder übermüdet sind, geht es dem Erwachsenen ganz ähnlich wie einem Baby.
Ist man länger als 3 Minuten wach, registriert das das Gehirn und man wird sich seines Wachseins bewusst. Deutlich häufiger wird man in der Nacht kurzzeitig wach, um z.B. die Körperposition zu wechseln. Das aber wird nicht bewusst wahrgenommen.
Ist man jedoch wach und über den müden Punkt, hat man selbst – oder haben Eltern – meist keine Chance mehr sich – oder das Kind – zum Schlafen zu bringen.
Man ist gezwungen, auf den “Fahrstuhl” der nächsten Schlafphase zu warten.
Für den Körper ist es gut, entspannt zu bleiben, sich nicht unter Druck zu setzen, sondern eher den Atem zu beobachten, Autogenes Training zu üben Progressive Muskelrelaxation, oder zu meditieren.
Im entspannten Körper können die Nährstoffe weiter in die Zellen diffundieren und ihren Erholungsprozess fortsetzen. Da ist es egal, ob sie die Augen dabei auf oder zu haben.
Wichtig ist, dass Ihr Körper sich regenerieren kann – daher heißt es Schönheitsschlaf.
Sind Sie also über den Einschlafpunkt hinweg, kann es sinnvoll sein, (auch mit dem Kind) aufzustehen und etwa eine Stunde lang (gemeinsam mit dem Kind) etwas Ruhiges zu machen – z.B. Lesen, Erzählen, Singen; nicht Fernsehen oder ähnliches! Anschließend kann man versuchen das Kind erneut hinzulegen und auch selbst wieder zu schlafen.

“1000” Tipps für einen gesunden Schlaf – suchen Sie also etwas für Sie passendes aus

Ab dem Jugendalter kann man zu folgenden schlafhygienischen Maßnahmen raten:
Dabei können bei jedem andere Aspekte zutreffen, so dass Sie zunächst einmal bei sich beobachten sollten, wie Sie reagieren, auf was Sie gut ansprechen. Problematisch ist es immer, zu bewerten. Denn das so entstehende Vorurteil behindert in der Regel die differenzierte Beobachtung, so dass man den Dingen nicht mehr recht auf den Grund geht und auch unbewusste Prozesse wenig Chancen haben, z.B. assoziativ, zum Bewusstsein zu kommen.

  • Verzichte auf Nikotin und Alkohol, zumindest abends.
    Nikotin und Alkohol haben meist eine anregende; bei manchen aber die gegenteilige Wirkung.
  • Die meisten Menschen sollten schon nachmittags koffeinhaltigen Getränke wie Kaffee, grünen und schwarzen Tee, Cola, etc. meiden. Auch sie wirken meist anregend; aber bei manchen auch Gegenteilig.
  • Essen Sie abends „wie ein Bettler“. Schwere Mahlzeiten liegen auch schwer im Magen.
    Nehmen Sie die letzte große Mahlzeit spätestens 2-3 Stunden vor dem Zubettgehen.
  • Trinken Sie abends wenig. So vermeiden Sie, dass Sie nachts „raus müssen“.
    Manche Menschen benötigen aber gerade z.B. eine Tasse warme Milch, um gut schlafen zu können.
  • Meide körperliche Anstrengungen zwei Stunden vor dem  Zubettgehen;
    davor ist Bewegung/Sport durchaus ratsam – vor allem in der frischen Luft.
    Starke Anstrengungen können anregend wirken und den Schlaf stören.
  • Auch Fernsehen ist, wegen der vielen Orientierungsreaktionen, die die schnell wechselnden Bilder erfordern, nicht erholsam – auch wenn viele vor dem Fernseher einschlafen: auch die haben, durch das flackernde Licht, einen nur unruhigen, wenig erholsamen Schlaf.
  • Widme Dich eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen einer ruhigen Tätigkeit und
    verzichte auf Radio, Fernsehen, Computer und Telefon, auf etwas das aufregend wirkt.
  • Bewusstes Einläuten des Feierabends, incl. Licht herunterdimmen hilft,
    Denn mit beginnender Dunkelheit wird das Schlafhormon Melatonin ausgeschüttet, das den Zellen die Umstellung auf Nachtruhe signalisiert.
  • Oft helfen symbolische Handlungen, um in „Feierabendstimmung“ zu kommen.
    z.B. Duschen und Hauskleidung, eine Tasse Kräutertee oder eine heiße Milch.
  • Nachts sollten im Schlafzimmer und auf der Toilette Dunkelheit herrschen
    oder nur gedämpftes Licht.
  • Geh erst zu Bett, wenn Du Dich sich müde fühlst oder halte bestimmte Zeiten ein, so dass der Körper lernt, auf solche Rituale passend zu reagieren.
  • Stellen Sie Gedanken, Schlafen zu müssen, ab, indem Sie sich erlauben einfach da zu sein. Denn das aktiviert das anregende sympathische, statt des für Entspannung und Erholung sorgende parasympathische Nervenkostüm. Auch wenn Sie allein liegen und sich entspannen, werden, bei verbesserter Durchblutung, Regeneration und Reparatur in den Zellen angeregt.
  • Das Bett ist zum Schlafen da. Aktivitäten wie, im Bett lesen, fernsehen, arbeiten, aktivieren tendenziell, während körperliche Nähe bei den meisten Menschen einen beruhigenden und entspannenden Effekt hat.
  • Wenn Sie wirklich nicht einschlafen können: Stehen Sie einfach auf und legen sich erst wieder hin, wenn Sie müde sind.
  • Lernen Sie zum Entspannen und Stress zu reduzieren.
    Autogenes Training, Yoga, Progressive Muskelentspannung fördern guten Schlaf.
  • Sinnvoll ist es, tiefe und ruhige Bauchatmung zu praktizieren, das entspannt und beruhigt.
    Es gibt kein „falsch“ dabei; sollte es nicht gelingen, beginne einfach von Neuem – und zwar ohne Selbstbeschimpfungen; viel besser ist es, sich zu freuen, dass man die Planabweichung bemerkt hat und dadurch die Wahl hat und zurückkommen kann zu dem, was gut tut.
  • Sorgen Sie für eine angenehme Schlafumgebung.
    In einem bequemen Bett in einem dunklen, kühlen (14-18 Grad) Raum mit frischer Luft schläft es sich am besten.
  • Handy / Smartphone gehören nicht im Schlafzimmer.
    Das Gehirn bleibt dann unterschwellig im Bereitschaftsmodus aktiviert.
  • Schauen Sie nachts nicht auf die Uhr. Nachts ist das Ziffernblatt des Weckers Tabu;
    die Uhr interessiert erst wieder, wenn der Wecker geklingelt hat.
    Denn über die Uhrzeit und den Druck “schlafen zu müssen” wird das Stresssystem aktiviert;
    Das wirkt kontraproduktiv, nämlich aktivierend, statt beruhigend.
    (Sinnloses) Gedankenkreisen um Sorgen und Befürchtungen sind die Folge. Gedanklich beschäftigt man sich dann gerne mit dem Versuch vorausahnend “Wissen zu wollen”, was sein wird – indem Vergangenes auf Zukünftiges hochgerechnet wird, statt die Aufmerksamkeit im Präsens, im Hier und Jetzt, zu haben.
  • Was zählt, ist die Ruhe jetzt;
    darin erholt sich der Körper – unabhängig davon, ob die Augen auf oder zu sind.
  • Schaffen Sie sich Ihren persönlichen Schlafrhythmus.
    Gehen Sie möglichst regelmäßig zu dem für Sie persönlich richtigen Zeitpunkt zum Einschlafen ins Bett. Stehe möglichst immer zur gleichen Zeit auf – auch am Wochenende.
  • Der Schlaf vor Mitternacht (am besten ca. 23 Uhr) wirkt besonders erholsam, da Sie dann zwei Tiefschlafphasen nutzen.
  • Halten Sie tagsüber möglichst keine Nickerchen.
    Es sei denn: mittags 20 Minuten (maximal 30 Min.) – zur Regeneration und zum Übertragen der Vormittagsinformationen aus dem Arbeits- in den Langzeitspeicher des Gedächtnisses.
  • Verzichten Sie auf Schlafmittel
    – außer in Ausnahmesituationen für kurze Zeit, sonst kommt es zu Gewöhnungseffekten und der Effekt „verfliegt“. Schlafmittel wirken also nur, wenn sie gelegentlich eingenommen.
    Langfristig stören Schlafmittel den gesunden Schlaf – insbes. den Traumschlaf.
  • Zum Wecken und Wachwerden hilft frische Luft, helles Tageslicht und Bewegung.
    Sie wirken anregend und helfen, Müdigkeit zu vertreiben.

Quellen: J. Zulley: Mein Buch vom gesunden Schlaf. Endlich wieder richtig schlafen. Goldmann Verlag (2010); Dr. mded. Alfons Lindemann, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Biebertal