Was man in Paarbeziehungen unbedingt lassen sollte

John Mordechai Gottman, US-amerikanischer, inzwischen im Ruhestand befindlicher (emeritierter) Professor für Psychologie an der University of Washington wurde vor allem durch seine Arbeit über Ehestabilität und Beziehungsanalyse durch direkte Beobachtung bekannt.
Ein wichtiges Ergebnis seiner jahrelangen Forschungen hat er als die vier apokalyptischen Reiter beschrieben. Der Paarforscher fand, dass diese Kommunikationssünden mit hoher Vorhersage-wahrscheinlichkeit eine Beziehung dauerhaft ruinieren und überzufällig häufig zur Trennung des Paares führen:

Die vier apokalyptischen Reiter der Paarbeziehung sind

  • Kritik; im Sinne von Schuldzuweisungen und Anklagen,
    insbesondere wenn sie in der sich gegenseitig hochspiralisierenden Auseinandersetzung ihren Höhepunkt in einer generellen Verurteilung des Partners finden und die Beziehung an sich in Frage stellen.
    Das entzieht dem Miteinander das Vertrauen in eine mögliche (gute) Zukunft.
  • Abwehr: im Sinne von Verteidigung mit Rechtfertigungen (bei Verleugnung der eigenen Anteile am Geschehen).
    Auf diese Weise wird ein Konflikt chronifiziert und am Leben gehalten, da eine Lösung, durch Ergründen und Verstehen von zugrundeliegenden oder beteiligten Bedürfnissen, Motiven, Erinnerungen oder enttäuschten Erwartungen, angestrebt wird.
    Es entsteht eine unendliche, wenig freud- oder gar lustvolle Geschichte. Das Miteinander wird aufgekündigt.
  • Verachtung des Partners und Geringschätzung.
    Diese Abwehr in Form eines Machtspiels hebt die Augenhöhe der Partner auf, entwertet und demütigt das Gegenüber.
    Das Vertrauen, sich geliebt oder anerkannt, gewertschätzt zu werden, bricht.
  • Mauern“, also Schließen der Schotten und Rückzug, Kommunikationsverweigerung.
    Auch hier wird ein konstruktives Miteinander verweigert und ein Ende der Beziehung gelebt. In dieser Form wird das “große”, endgültige Ende der Beziehung “im Kleinen” geübt und vorweggenommen.
  • Demonstration der eigenen Macht hat Bas Kast, ein deutsch-niederländischer Wissenschaftsautor, später als einen “fünften Reiter” hinzugefügt, da diese “Spielvariante” vermutlich auf allen Stufen des Isolations- und Trennungsprozesses eingesetzt wird.
    Sie dienst der Abwehr von eigenen Ohnmachtsgefühlen und damit der Verleugnung eigener Anteile am Verlauf der Beziehungsgestaltung.
    Da die gemeinsame Wahrheit keine objektive Größe (siehe auch den Artikel zur Wahrnahmung), sondern eine gemeinsame Konstruktion ist, die jeder für sich, wie auch ein Paar oder eine Gruppe sich erstellt, erschafft diese Vorstellung doch eine wirksame Wirklichkeit, an der man sich orientiert. …. weil sie für wahr genommen wird … weil wir es – infolge unser Bedeutungsgebung – so wahrnehmen und oft sogar auch für real halten. Das ist unproblematisch, so lange das Bild von der uns umgebenden Realität einigermaßen passt. Dann ist diese Orientierung an der inneren Landkarte sehr hilfreich. Problematisch wird es, wenn die Abweichungen von unseren Erwartungen zu groß werden … insbesondere, wenn wir dann nicht bereit sind nachzujustieren: nach dem Motto: “es kann nicht sein, was nicht sein darf” … wenn die Orientierung am “Soll” wichtiger und richtiger erscheint, als das “Ist”.

Zu betonen ist, dass auch Paare, die sich als glücklich beschreiben, ebenfalls Konflikte und Streit haben.
Sie aber sind bereit einzulenken, die Bedingungen und Motiven hinter dem Streitthema zu ergründen,
sie unterstellen gegenseitiges Wohlwollen, sind offen dafür, sich gegenseitig zu verzeihen und das größere Ganze wichtiger zu nehmen, als sich … sie können den Zwist mit Humor würzen und sind in der Lage über eigene Unzulänglichkeiten zu lachen.


Quelle: John M. Gottman: Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe, Ullstein-Verlag, Berlin; TB 5. Auflage 2017

Digitalisierung im Kinderzimmer – nützliche Links

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Hirnentwicklung im Mutterleib

Alles Verhalten hat Auswirkungen.
Diese Wirkungen hängen von Inhalten, von Art und Dauer eines Gebrauches sowie von der altersgemäßen Passung des Angebotes ab:
Je jünger und undifferenzierter ein Organismus,
desto langfristiger und globaler die Auswirkungen.
Je höher die Dosis,
desto gravierender die Folgen im Gehirn.

Entwicklung digitaler Medien

Marianne Büsing: Digitale Medien – Fluch oder Segen für die kindliche Entwicklung?

neuronale Vernetzung vom Neugeborenen bis 2. Lebensjahr
oben: täglicher Fernsehkosum weniger als 1 Stunde
unten: täglicher Fernsehkonsum mehr als 3 Stunden
Bild: Zeitschrift Nervenheilkunde 7/2013

Daher hier eine Liste nützlicher Links für Eltern:

http://www.dkhw.de/schwerpunkte/medienkompetenz

http://www.kika.de/fernsehen

http://www.tivi.de/

http://www.arte.tv/guide/de/pus7/junior

http://www.helles-koepfchen.de/

http://www.kinderfilmwelt.de/

http://www.iff.de/

http://www.handysektor.de/

http://www.surfen-ohne-risiko.net/

http://www.klicksafe.de/

http://www.klick-tipps.net/

http://www.surfen-ohne-risiko.net/

http://www.chatten-ohne-risiko.net/

http://www.internet-abc.de/

http://www.fimmo.de/

http://www.seitenstark.de/

http://www.zum.de/

http://www.hanisauland.de/

https://www.fragfinn.de/

http://www.watchyourweb.de/

http://www.schau-hin.info/

http://www.internet-abc.de/

http://www.erfurter-netcode.de/

http://www.checkeins.de/videos

http://www.jugendschutz.net/

http://www.jugend-support … bietet Hilfe bei Stress im Netz

Schüler leben in ihrer eigenen Welt

Foto: Dieter Faust

Eine Musiklehrerin (die, um niemanden zu diskriminieren, anonym bleibt) sammelt Schreibweisen ihrer Schüler. Denn es gibt so viele davon, dass es sich lohnt:
Betels, Bidels, Bütels und Batels ist zwar ganz hübsch, aber „Beatles“ könnte, infolge von Englischunterricht, – auch 50 Jahre nachdem Jugendliche schreiend vor ihren Helden zusammengebrochen sind – heutzutage ebenfalls noch richtig geschrieben werden.
Ein paar Lieder der Beatgruppe sind noch bekannt, „Yesterday“ z.B. oder „Yellow submarine“ oder „Let it be“.

Letztlich aber ist das alles Musikgeschichte, so wie Mozart, Beethoven und Brahms bzw. Beathofen, Betofen, Motzart, Motzard, Brams oder Heiden oder Claud de bessiere oder Schußkowski.
Auch Allgemeinbildung könnte helfen, z.B. bei der Frage, wie die Hauptperson in Mozarts „Zauberflöte“ heißt: Erasco oder Ramazotti oder Sarastro? oder Pumpernickel, Paparazzi oder Papageno?

Ebenso kann man sich wundern, wenn der Song „Last Christmas“ von George Michael einem Lars Chrisman zugeordnet wird, oder zu lesen ist, „Bach vöckelte viel herum“, als es im Unterricht um den Kinderreichtum des Komponisten Johann Sebastian Bach ging.

Als Lehrer muss man sich daran gewöhnen, dass es heutigen Schülergenerationen schwer fällt, überhaupt noch wahrzunehmen, was außerhalb ihrer Lebenswelt bedeutsam ist. Etwas übertrieben könnte man auch sagen, dass viele kaum noch etwas wahrnehmen, was außerhalb des Horizonts ihres Smartphones liegt.

Quelle: „Paul Mäck Kartnei lebt noch und Rinko Star auch“
von Frank Pergande,  Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 2. 8. 2020

Digitale Angebote in Biebertal – von wem – für Bürger

Bei uns im schönen Biebertal gibt es online, also über das Internet, folgende Informationsportale:
von offizieller Seite das digitale Bürger-Informationssystem auf der Internetseite der Gemeinde Biebertal und das Biebertal-mach-mit-TV, eine Kooperation von THM und Gemeinde Biebertal sowie,
als unabhängige Initiative von Bürgern für Bürger. den Biebertaler-Bilderbogen.de und viele weitere private Internetseiten, z.B. des Gewerbevereins, in denen eigene Interessen vertreten werden.
Zudem bastelt ein kommerzieller Anbieter an einer Dorf-App für Königsberg, was eigentlich – vor Corona – zusammen mit Bürgern entwickelt werden sollte. Über 250.000 € EU-Fördermittel setzt der Landkreis dafür ein – auch wenn es ein ähnliches Angebot längst kostenfrei in Biebertal gibt.


Gemeinsam sind dem Internetauftritt der Gemeinde wie dem Mitmach-TV, sowie einer Dorf-App an der noch gebastelt wird, ein kostenpflichtiger zentraler Anbieter, von dem die Systeme abhängig sind.
Die Kosten dafür tragen der Steuerzahler und die Steuerzahlerin.


Starten wir lieber mit einem für alle kostengünstigen Modell, das sich von Bürgern für Bürger (so war einmal die Parole beim MitmachTV von Prof. Kaufmann, der Idee und Entwicklung angestoßen hat) selbst organisiert und dezentral immer weiter entwickelt: dem Biebertaler-Bilderbogen.de 

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Selbst Gestalten und Entwickeln ging im MitmachTV-Projekt nur beim Video-Dreh, so dass zumindest ich mir wie ein Wasserträger für eine fremde Struktur vorkam. Hinzu kam, dass Anfangs wenig funktionierte und wir keinen Einfluss nehmen konnten, dass wir keine Studenten sind, dass wir anders arbeiten, dass uns Abhängigkeit zuwider war. Wir im Bilderbogen-Team stehen im Berufsleben oder sind darüber hinaus.
So trennten sich die Wege. Es entstand eine wachsende Gruppe, die sich dezentral und gleichberechtigt organisiert, kostengünstig mit existierenden Programmen arbeitet und inzwischen – im Verlauf eines Jahres – ein eigenes Presseorgan sowie ein Internetdaten-Netzwerk mit Wissen zu Biebertal geschaffen hat.

All das wird allen kosten- und werbefrei zur Verfügung gestellt. Lernen und Lehren gehen Hand in Hand. Wer sich einbringen möchte, darf das gerne tun. Das Wenige, das unser Hobby an finanziellen Mitteln benötigt, lässt sich gut tragen. Die eingesetzte (durchaus erhebliche) Zeit ist – durch die Freude am gemeinsamen Tun, Lernen, Gestalten, Kennenlernen von Neuem und Menschen – gut eingesetzt.

Anfangs waren die Ziele, Videoarbeit und Internetseitengestaltung zu lernen. Bald folgte die Idee, mit einem Online-Kalender den Vereinen eine bessere Abstimmung gegen Terminüberschneidungen zu ermöglichen. Bürgern sollte genauere, umfängliche und aktuelle Veranstaltungsdaten zur Verfügung gestellt werden.
So hat sich das Projekt durch immer neue Ideen und Teammitglieder schnell gemausert, so dass schon Anspielungen wie „Biebipedia“ zu hören waren.
In einem vielfältigen Netzwerk sind in Bild, Video, Text und Audio nun digital Wissen und Kompetenzen in Biebertal mit wenigen Klicks für PC, Labtop, Smartphone, Tablet verfügbar.
Ab August kommen Facebook und Instergram hinzu, um ein weiteres Publikum zu erreichen. Denn spätestens seitdem es ab Dezember 2019 auch Nachrichten bei uns gab, ist der Leserkreis stetig gewachsen. Ebenso finden sich allmählich immer mehr Interessenten, die sich mit Eigenem beteiligen.

Wir verstehen den Biebertaler-Bilderbogen.de als eine Arbeit für uns und das Gemeinwohl.
Im Gegensatz zu der von Rainer Rau noch analog erstellten „Broschüre der Gemeinde Biebertal“ sehen wir die Gemeinde Biebertal nicht im Sinne der Gebietskörperschaft, sondern als Gemeinschaft von Bürgern.


Der Online-Internet-Auftrittt der Gemeinde Biebertal.de
bietet – neben den analogen “Biebertaler Nachrichten” – offizielle Verlautbarungen der Gemeindeverwaltung sowie folgende Angebote:


Das mach-mit-TV ist, wie der Name schon sagt, ein InternetFernsehkanal.
Dort wird aktuelles aus der Gemeinde mitgeteilt und zugleich in Videos ein digitales Dorfgedächtnis aufgebaut. Das geschieht einmal zur Ausbildung von Studenten der THM und durch Biebertaler Bürgerengagement. Inzwischen gibt es folgende Rubriken in der Mediathek:

Leider klingt die synthetische Stimme, wie auch oft die Sprecher, noch monotoner als die Gruppe Ideal 1982.
Interessantes findet sich über die dort angebotene AnroidApp.
Prof. Dr. F. Kammer (Professor für Wirtschaftsinformatik der THM) ist für das Mitmach-TV zuständig.


Aufgeregt haben wir uns über das Projekt “Dorf-Funk” der als Dorf-App von Landkreis und Gemeinde getestet wird. Allein für 2 Jahre werden Unsummen ausgegeben – Folgekosten ungewiss, aber gewiss teuer. Dabei ist nicht klar, ob so eine App auf dem Lande wie in der Stadt genutzt wird. Allein die Ideologie der “Gleichwertigkeit” von Stadt und Land scheinen hier maßgeblich und bleibt letztlich eine Illusion. Stadt und Land sind verschieden – und das ist auch gut so!

(Berichte dazu in der Gießener Allgemeine 2019, 2020, Gießener Anzeiger 2019 oder Hessenschau)

Abschlussbemerkung, wenn ich nun auf das letzte Bild schaue:
Frau Schneider, unsere Landrätin, hat das Modell in Rheinland-Pfalz gut gefallen – wie sie uns in einem Gespräch verdeutlichte. Kaufen wollte sie den Bausatz dort nicht: zu teuer!
Nun wird dergleichen noch einmal erfunden – das wird bestimmt billiger! (Ironie!)
Es werden ja fast “nur” Fördergelder ausgegeben. Aber auch die haben die Bürger letztlich mühsam erarbeitet und an Steuern gezahlt.

Eltern, Kinder und das Smartphone / Tablet usw.

Kinder zwischen 2 und 5 Jahren sollten maximal eine Stunde pro Tag vor dem Tablet sitzen, empfiehlt die American Academy of Pediatrics. (Quelle: ÄrzteZeitung)

Kinder orientieren sich an Erwachsenen, wollen gerne so toll wie sie sein. Eltern haben Vorbildfunktion.

Spitzer, Manfred, Generation Google, Wie verändern digitale Medien unsere Bildung, Moral und personale Identität? Nervenheilkunde, 29: 711-716, 11/2010

Inzwischen sind Mediengeräte im Alltag mit Kindern allgegenwärtig; insbesondere in diesen Zeiten der Corona-Beschränkungen, in denen Eltern gleichzeitig Eltern, Lehrer, Betreuer sein müssen, während sie den Haushalt und zum Teil auch noch das Homeoffice bewältigen sollen,
Doch immer wieder weisen Fachleute darauf hin, dass schon das Experiment Fernsehen für viele keinen Bildungsgewinn brachte; um so weniger wird das Gedaddel auf Smartphone, Tablet, PC oder Spielekonsole bei den meisten Kindern und Jugendlichen solche positiven Effekte zeitigen.
Schlimmer noch – und das beginnt schon bei Babies – macht die permanente Präsens des Mediums, eines “Dazwischen”, einen ernsthaften Verlust: starren Mutter und Vater – zum Teil selbst während des Spielens, Essens oder Spaziergangs mit dem Kind – immer wieder auf das Handy, fehlt den Kindern der Blickkontakt und die Lebendigkeit der Mimik im Gesicht ihrer Eltern. Diese Kommunikationsmittel müssen sie ja erst interpretieren lernen, so wie Sprache auch.
Auch den Eltern fehlen die vielen kleinen, subtilen Hinweise des Kindes, die sie einfach nicht mehr sehen,
so dass es zu zunehmenden Kontaktstörungen kommt. Mit dem Kind kommt, ähnlich wie beim Handy, kein Kontakt zustande, wenn man keine Aufmerksamkeit und keinen Augenkontakt herstellt bzw. den grünen Knopf nicht drückt. Dann kommt keine Verbindung und erst recht keine Verständigung zustande.
Die Folge der anhaltend wechselnden Bilder, die gerade kleinen Kindern kaum eine Chance zur Strukturierung der Eindrücke lassen, sind Wahrnehmungsstörungen, fehlende Frustrationstoleranz (Spannung aushalten), Lerndefizite, insbesondere Sprachverzögerungen, Empathiestörungen (fehlendes Einfühlungsvermögen). Dabei spielt ein allgemein eingeschränktes Erkundungs- und Bewegungsverhalten eine Rolle, da sich der Radius in dem sich das Kind bewegt und denkt, durch die von außen vorgegebenen Inhalte vorgegeben ist. Eigenes neugieriges Entdecken und Erfinden, Lernen, sich anstrengen, scheinen nicht erstrebenswert – wie auch das Vorbild der Eltern (scheinbar) zeigt. Das ist so, weil sich das Kind selbst (mit dem begehrten Spielzeug in den Händen) weniger bewegt, aber auch, weil ihm die Sicherheit fehlt, dass die Eltern es im Blick haben und es sich sicher fühlen kann.

Hilfreich sind gemeinsam eingehaltene Rituale, die auch die kleine Welt der Kinder überschaubar und einschätzbar macht, Strukturen entwickeln lässt, die Orientierung geben. Das könne zum Beispiel sein: kein Handy beim Essen, im Schlafzimmer / Kinderzimmer, in Fahrzeugen, beim Nachhause kommen oder beim Filme schauen. Symbolisch könne man zusammen mit dem Kind das Handy zum Schlafen hinlegen und es außer Sicht- und Hörweite in eine Kiste legen. Auch auf dem Spielplatz wie in der Schule kann das Handy in der Tasche bleiben.
„Allezeit bereit“ muss nicht und ist auch nicht gesund!
Experimente haben gezeigt, dass allein die Anwesenheit eines Handys im Raum, kaum merkliche, aber messbaren chronischen Stress auslöst, selbst wenn es keine Signaltöne abgibt.

Anregende Quelle: Gießener Anzeiger, 08. 06. 2020

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Kindergesundheit

“Wann sind wir endlich da?” – Reisen mit Kindern

Foto: Lindemann

Kaum eine Frage wird wohl während einer Autofahrt mehr gestellt als die obige.
Oft lautet die Antwort: “Noch lange nicht.”
Damit die Fahrt dennoch nicht zu einer stressigen und schlimmen Erfahrung wird, hier einige Tipps:

  • Weniger ist mehr
    Fahren Sie nicht mehr als 300 bis max. 500 km am Tag. Fahren Sie nicht, wenn Staugefahr besteht.
  • Sicher ist sicher
    Kinder unter 12 Jahren oder 150 cm Körpergröße müssen im Kindersitz gesichert sein.
    Dieser sollte gut gepolstert sein und eine bequeme Schlafposition zulassen.
  • Proviant
    Gut gestärkt ist die Stimmung meist besser; Also vor der Abfahrt eine Kleinigkeit essen.
    Zudem sollte man ausreichend Verpflegung mitnehmen. Bekanntlich macht Reisen hungrig.
    Geschickt sind Speisen, die nicht krümeln und Trinkbecher die nicht tropfen.
  • Trinken
    Während der Fahrt besser keine kohlensäurehaltigen Getränke, sie können leicht auf den Magen schlagen. Wasser, Tee und Saft sind meist verträglicher.
  • Vorsicht Verschlucken
    Kleinkinder sollten nur während der Pausen Essen bekommen. Im Auto besteht die Gefahr, dass sich ein Kind, z.B. bei einer starken Bremsung, verschluckt oder sich am Fläschchen oder Löffel verletzt.
  • Kontrollblick
    Statt sich vom Beifahrersitz ständig umzudrehen, empfiehlt sich die Montage eines zweiten Innenspiegels, um die Rückbank gut im Blick zu haben.
  • Ich sehe was, was du nicht siehst
    Langeweile ist der größte Stressfaktor.
    Außerdem sollten die Kleinen nicht zu lange nach unten schauen, da das Schaukeln ohne Sichtkorrektur oft zu Übelkeit führt. Lesen und Spielen am Handy oder anderen Medien sind während einer Autofahrt für viele also keine wirklich gute Option. Hörbücher und Ratespiele eignen sich besser. Ältere Kinder können Autokennzeichen raten oder daraus Wörter sammeln (z.B. DA-CH,, GI-FT, F-AN). Wer findet die meisten? Wer kann daraus Sätze bilden oder eine Geschichte erzählen?
  • Board-Entertainment
    Wenn Tablet, DVD-Player oder Labtop während der Fahrt nicht in Betrieb sind, müssen sie sicher verstaut werden. Bei einem Unfall können sie sonst zu Geschossen werden.
  • Nicht ohne Spucktüte
    Falls der Magen doch einmal rebelliert, sind schnell griffbereite Spucktüten hilfreich. Vor der Fahrt kann man auch Placebos gegen Übelkeit geben (ein Stück Würfelzucker mit etwas Tee aus einer braunen Tropflasche wirkt Wunder).
  • Mach mal Pause
    Wer mit Kindern in Urlaub fährt, muss genügend Pausen einplanen und einhalten, möglichst alle 1,5 Stunden. Autobahnraststätten mit Kinderspielplätzen eignen sich besonders, damit die Kinder ihrem Bewegungsdrang nachgeben können.
  • Stinker-Alarm
    Auch wenn es noch so dringlich sein mag, Babies und Kleinkinder NIE während der Fahrt wickeln. Sollte eine akute Notbremsung notwendig sein, fliegen die unangeschnallten Personen, der Fliehkraft folgend, weiter in Fahrtrichtung durch das Auto, während das Fahrzeug schon entschleunigt ist. Beim dann heftigen Aufprall können schwere Verletzungen entstehen.
  • Was ist mit der Langeweile am Urlaubsort?
    Rechtzeitig sollte man sich in Reiseführern informieren, was es an Sehens- und Erlebenswertem in der Urlaubsgegend gibt. Es gibt spezielle Reiseführer für Familien mit Kindern. Manche bieten kindgerechte Texte zum Vor- oder Selbstlesen, in denen die Highlights beschrieben werden. So z.B. das Torset family des ADAC, das auch digital als App zu haben ist.

Quelle: Grashüpfer – Für Familien in Gießen, Wetzlar und Umgebung, Juli/Aug./Sept. 2020

Taschengeld für Kinder und Jugendliche

Foto: pixabay

Eltern sind zur Zahlung von Taschengeld gesetzlich nicht verpflichtet; es gibt aber gute Gründe, warum ein eigenes Taschengeld sinnvoll ist. Wie hoch die Summen sein sollten, dazu später.

Wenn ein Kind zählen, zusammenzählen und abziehen kann, einen Zahlenraum überschauen kann,
kann es lernen, mit Geld umzugehen und Werte einzuschätzen. Indem es ein eigenes kleines Budget an Taschengeld zur freien Verfügung hat, das es eigenständig verwalten und ausgeben kann, lernt es den Umgang mit Geld, also Finanzkompetenz, wie auch die Regulation von Spannungszuständen aus Bedürfnissen, Wünschenswertem und Machbarem am eindrücklichsten.
Um die Balance von Geben und Nehmen zu wahren und den Realitätssinn zu stärken, sollte dieses “Einkommen” zugleich mit altersgemäßen Aufgaben verbunden sein.
Zugleich sollten diese Zuwendungen nicht als Mittel des Strafens eingesetzt werden.
Normalerweise sollte die Auszahlung des Taschengeldes ohne Aufforderung des Kindes zuverlässig und regelmäßig erfolgen. Das schafft Sicherheit und Vertrauen – wichtige Voraussetzungen für Entwicklungsprozesse, aber auch beim Aufbau und Verständnis von Werten.
Keinesfalls sollten Vorschüsse gewährt werden, z.B. damit sich das Kind ein größeres Spielzeug kaufen kann. Nur so lernt das Kind eigene Prioritäten zu setzen, zu warten und für ein Ziel zu sparen. Ein Gespräch über den Wert eines Sparschweins wäre hin und wieder angebracht, ebenso wie die Unterstützung bei der kleinen Buchhaltung – sei es per Exel-Tabelle oder Kassenbuch.
Auch die eigene finanzielle Situation darf, ja sollte durchaus, mit Kindern kindgemäß und sachlich – so dass sie sich keine belastenden Sorgen machen müssen oder Existenzängste entwickeln – besprochen werden. Nur so erhalten Kinder eine realistische Einschätzung der familiären Situation und der Möglichkeiten. Sie können dann verstehen, wenn mal etwas nicht geht oder warum man nicht jedes Wochenende in den Freizeitpark fahren kann. Sie lernen planerische Fähigkeiten, die Realisierung von Träumen, die sie Schritt für Schritt mitgehen können – z.B. bei Erwerb eines Eigenheims oder Campers. Dass das Geld einem ausgehen kann, lässt sich nur erfahren, wenn man eigenständig mit Geld umgehen darf.
Oft schmerzt es Eltern, zu sehen, wofür die Kinder das sauer verdiente Geld “verschwenden”; doch ist immer zu bedenken, dass die Prioritäten und Wertigkeiten im Kindesalter ganz andere sind, als die Erwachsener.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI), eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Europas veröffentlicht auf seiner Webseite regelmäßig Empfehlungen:

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Ob ein Kind ein Sparfuchs wird, mit Geld umgehen kann oder Schwierigkeiten damit hat, ist nicht wirklich voraussehbar. Sinnvoll ist die stetige reflektierende Begleitung und eine Anleitung im Umgang mit Geld. Dabei ist das Kind Chef bei der Verwendung des Taschengeldes, für die Erwachsenen bleiben ja hinreichend andere Entscheidungen im Umgang mit dem Geld, das sie zu verantworten haben. Da darf es Unterschiede in den Wertvorstellungen und Prioritäten geben. Wichtig ist da eigentlich nur, dass man die Standpunkte bespricht und auch an der Stelle wertschätzenden Umgang miteinander pflegt.
Es lohnt sich anzuschauen, wie Erwachsene selbst mit Sparen, Anlegen und Gedausgeben umgehen, welches Vorbild Eltern vorleben. Denn Kinder lernen deutlich mehr durch Nachahmung, als durch Belehrung!

Manchen Kindern vermittelt man z.B. Mathematik und sie verstehen sie, können sie gezielt und gut anwenden, andere Kinder haben da Zeit ihres Lebens Schwierigkeiten. Trotzdem hören wir nicht auf, unseren Kindern Mathematik nahezubringen. Rechnen wie Lesen werden halt immer und überall gebraucht, wenn man gut durch´s Leben kommen will.


Was Menschen wirklich wollen

Bild. Wikipedia

An anderer Stelle hatte ich bereits beschrieben, dass unser Gehirn oft mit Hochrechnungen, also mit Erwartungen, arbeitet. Geht bei einem Menschen, egal ob jung oder alt etwas schief – z.B. weil in neuen Situationen mit neuen Menschen andere Ergebnisse auftauchen, als die von früher erwarteten – ist er enttäuscht. Positiv gesehen, kann man sagen, er wurde von einer Täuschung befreit. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, die Dinge wieder neu und realtiätsnah zu sehen und sich anzupassen.

Den US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow (1908-1970) beschäftigte sich mit diesem Phänomen der Enttäuschung. Ihn beschäftigte die Frage: “Was braucht der Mensch?”
Aus seinen Beobachtungen an Probanden fand er vier Gruppen und entwickelte daraus die Vorstellung einer Bedürfnishierarchie: Zugehörigkeit, Aufmerksamkeit, Respekt und Selbstachtung.

Dabei hatte er die Vorstellung: “Was wir sein können, müssen wir sein.” Seit Zeitgenosse Fritz Perls (1893-1970), berühmter Mitbegründer der Gestalttherapie nannte das: “Werde, wer Du bist.”

Maslow selbst hatte nie die Absicht, die Erkenntnisse in einer Pyramide darzustellen.
Das haben andere, vor allem Unternehmensberater gemacht. Gerade aber durch ihre vereinfachende Darstellung verschafften sie ihm weitreichende Bekanntheit. Noch heute wird das Maslow-Modell im BWL-Studium, in Fortbildungen und Firmen gerne benutzt und gilt als Klassiker.

1943 bereits veröffentlichte er unter dem Titel >A Theory of Human Motivation< (übersetzt: eine Theorie der menschlichen Motivation). Danach entwickelte er sein Modell weiter. 1954 erschien >Motivation and Personality<, >Motivation und Persönlichkeit< erschien in Deutsch erst 1977, ebenso wie das posthum 1971 erschienene >Further Reaches of Human Nature< >Die Psychologie der Wissenschaft. Neue Wege der Wahrnehmung und des Denkens<.
So wurden die Ideen des “human potential movements” hierzulande erst in den 1980er Jahren bekannt und beeinflussten eine ganze Generation junger Psychotherapeuten. Heute sind viele der Ideen von damals in der Verhaltenstherapie integriert – oft ohne die zugehörigen Ideengeber zu benennen.

Abraham Maslow gilt, neben Fritz Perls, Victor Frankl und Carl Rogers, als einer der wichtigste Gründervater der humanistischen Psychologie. In deren Sichtweise wird seelischer Gesundheit als ganzheitliches Konzept (Körper-Seele-Einheit; Mensch-Umwelt-Beziehung) verstanden. Gemeinsam ist den verschiedenen Ansätzen, dass das menschliche Streben nach Selbstverwirklichung untersucht und gefördert wird.

Denn, so die Idee, wollen alle am Ende ein erfülltes Dasein.

Dabei werden die grundlegenden physiologischen Bedürfnisse, als Defizitbedürfnisse erlebt, da sich hier alle Dinge zusammenfinden, die der Mensch unbedingt benötigt, um körperlich zu überleben: Nahrung, Hunger, Durst, Verdauung, Schlaf, Wärme, Sexualität.
Zweitens steht die Sehnsucht nach Sicherheit (ebenfalls eine Defizitbedürfnis) ganz hoch im Kurs: wir wollen wissen, wer wir sind, wo wir sind, was wir können und was wir in Strukturen bringen, die unserem Leben ein festes Gerüst geben; also materielle und berufliche Sicherheit (Wohnen, Arbeit) ebenso wie Geborgenheit und Schutz der Person.
Drittens sind viele soziale Bedürfnisse als Mangel spürbar, wenn sie fehlen. Das Streben nach Zugehörigkeit zu einem sozialen Umfeld bot entwicklungsgeschichtlich Schutz und sicherte das Überleben (individuell und als Gruppe). Hier sind Liebe, Familie, Freundschaft, Gruppenzugehörigkeit zu nennen. Wir brauchen die Anerkennung von anderen, ihren Respekt und ihre Aufmerksamkeit.
Sind diese sozialen Grundbedürfnisse gestillt bzw. so stark frustriert, dass nach Ersatz gesucht wird, bilden die Individualbedürfnisse einen Sprung in eine neue Qualität: wir können uns Selbstachtung verschaffen.
Hier gelten Anerkennung / Geltung / Status / Macht, Lob und positive Beachtung als Wachstums-bedürfnisse und als wichtige motivationale Antriebe.

Wie wichtig diese Stufen für den Einzelnen sind, hängt von der individuellen Prägung und Einstellung dem Leben gegenüber ab. Jeder hat eine vorgegebene Lebensausrichtung, philosophisch, spirituell oder eher pragmatisch. Deshalb hat Maslow noch eine fünfte Stufe benannt, die er ICH nennt und an die Spitze dieser Wachstumsbedürfnisse stellte: das Streben nach Selbstverwirklichung, nach Entfaltung der Persönlichkeit (Persönlichkeitsentwicklung) und nach der Umsetzung eigener Ideen und Lebensvorstellungen.

Die Darstellungsform der Pyramide deutet an, dass die unteren Stufen an der Basis einen grundlegenden Charakter haben. Diese müssen (sollten) erfüllt sein, um auf den nächsten Stufen sicher stehen zu können. Sie zeigt jedoch auch, dass, je weiter man nach oben man kommt, die jeweiligen Bereiche um so schmaler werden; dass immer weniger Menschen diese Möglichkeiten realisieren. Andererseits könnte man auch sagen, dass die oberen Stufen „Nice to have“ (schön, wenn man es hat), aber eben auch nicht unbedingt überlebensnotwendig sind.

Anregung und Quelle: gleichnamiger Artikel von Roland Mischke im Gießener Anzeiger, 05.06.2020;
Wikipedia und eigene Erfahrungen mit der humanistischen Psychologie

Regeln lernen – auch ohne „Nein, nein“

Besser auf Augenhöhe: Statt aus dem Nebenzimmer zu schimpfen, sollten Eltern Kindern konkret erklären, dass etwa alle Spielsachen vom Boden in die Kiste sollen.
Bild: Lindemann

Das Kind sollte längst in der Kita sein, denn die Arbeit ruft. Doch der kleine Trotzkopf zieht sich einfach nicht an. Jetzt bloß nicht schimpfen, sagt eine Expertin. Denn das frisst nur noch mehr Zeit.

„Verdammt noch mal, wie oft soll ich es dir noch sagen?!“ Wie viele Kinder hören diesen blöden Spruch tagein, tagaus von ihren gestressten Eltern.
Aber wahrscheinlicher ist, dass sie den Text gar nicht hören – weil er in ein Ohr reingeht und zum anderen wieder raus. Nein, die Kinder lernen an der Stelle vor allem, dass dieser Ton und diese Lautstärke OK sind. Hier passiert sehr schnell „Lernen durch Nachahmen“ und kaum eine Zeit später, bekommen die Eltern das Echo dieser eigenen „Ungezogenheit“, der fehlenden Ruhe und Gelassenheit, des fehlenden Nachdenkens und Reflektierens über das eigene Tuns, zurück.

Warum bringt Schimpfen nichts?
Nicola Schmidt: „Sobald man schimpft, verliert man den Kontakt zum Kind.
Mal angenommen, man würde einen Partner oder einen Kollegen kreischend anblaffen, wie oft man ihm etwas noch sagen solle. Der würde doch auch sofort dicht machen.

Als sehr hilfreich sehe ich (Dr. med. Alfons Lindemann, ärztl. Psychotherpeut) hier das Modell einer Ampel: steht die Ampel auf Grün (man ist entspannt und gelassen, rational), darf man fahren bzw. handeln. Bei Gelb (das ist man schon emotionaler) gilt Achtung, bitte bleib in einem Bereich, den du noch regulieren kannst. Bei Orange-Gelb wird es schon sehr kritisch und bei Rot muss man sich in jedem Fall stoppen. Verlassen Sie die Situation, beenden Sie jede Diskussion. In diesem Zustand – bis die ausgeschütteten Hormone nach ca. 20 – 30 Min. aus dem Blut sind – ist nur noch Eskalation möglich. Da ist man von der Dynamik des Geschehens versklavt!
Denn dann wechselt der Modus der Alltagslogik, in dem man kreativ denken kann, in den Modus der Affektlogik. Dort herrschen nur noch archaische, uralte Instinkte, die dazu ausgelegt waren, vor einem Fressfeind zu fliehen oder sich im verwegen mit äußerster Aggression entgegenzustellen … oder, wenn gar nichts mehr geht, sich tot zu stellen, nichts mehr zu merken.

Es gibt Situationen, da fühlen sich Eltern unter Druck. Damit dann etwas vorangeht, scheint Schimpfen der einzige Ausweg.
Es ist jedoch ein Zustand in dem der Erwachsene selbst in Panik ist, keine Lösung, keinen Ausweg mehr sieht, außer aggressiv vorzugehen, zu Schreien, sich in Drohgebärden zu ergehen oder gar wirklich gewalttätig zu werden. (Letztlich möchte man den anderen ja erreichen!) Aber diese Umgangsformen können auch vom Gegenüber nicht mehr als im Grunde genommen nützlich und sinnvoll aufgefasst werden.
Wenn Sie das also merken, sind Sie schon im roten Bereich. Das ist für den Erwachsenen ein klares STOPP-Zeichen!
Was immer das Kind dann tut. Das eigen Gefühl spiegelt hier in der Regel den emotionalen Zustand des Kindes: beide fühlen sich in Not und reagieren nur nach den Gesetzten der Affektlogik, also irrational = ohne Vernunft. Hier regiert unser Reptiliengehirn, vom menschlichen Bewusstsein ist nun kaum etwas übrig! Beide brauche dringend Beruhigung und Trost, Verständnis und Hilfestellung oder zumindest Abstand, um nicht mehr mit dem bedrohlichen Gegenüber (das mir seine Sicht der Welt aufdrängen will) konfrontiert zu sein.

Schmidt: „Wenn Eltern gestresst sind, schalten sie in den Alarmmodus.
Viele Verhaltensweisen der Kinder erscheinen dann als Bedrohung, die man nur eindämmen müsse, damit Kinder funktionieren. Doch unter Dauerstress fällt es uns schwer, mit den Kindern mitzufühlen.“

Wie reagieren Eltern im Idealfall mitfühlend?
Schmidt: Wie oft rufen Eltern aus dem Nachbarzimmer vier, fünf, sechs, sieben, acht Mal Anweisungen wie: „Räum deine Legokiste ein!“ „Zieh dich an!“, „Putz die Zähne!“
Das hören Kinder gar nicht. Dazu sind sie viel zu vertieft.
Statt wie eine Schallplatte zu klingen, ist es besser, direkt zu dem Kind zu gehen.

Lindemann: Dort lässt sich die Situation besser einschätzen, um eine kreativen Ausweg aus einer Situation zu finden, die beiden oder der Situation, die der Erwachsene besser überblickt und auch durchzusetzen und zu verantworten hat. (Viele Eltern scheuen heute einen Konflikt. Doch auch den brauchen die Kinder so notwendig, wie das eingebettet sein in die Liebe der Eltern, in deren Vertrauen und Zutrauen.)
Nur im direkten Kontakt mit dem Kind kann man Augenkontakt aufnehmen. (In Ihr Handy sprechen Sie ja auch nicht, bevor sie die Nummer gewählt und den „grünen Knopf“ gedrückt haben, das Gegenüber sich gemeldet hat, oder?) Und dann?
Schmidt: Dann hockt, kniet oder setzt man sich auf gleiche Augenhöhe und berührt das Kind.
Beim Sprechen nicken, lächeln und klar machen „Ich kenne das auch, dass man manchmal nicht Schluss machen möchte, ich möchte jetzt, dass wir…“.
So kann sich das Kind ernst genommen fühlen, statt von oben herab behandelt.
Wichtig ist auch, persönlich zu bleiben. Man sollte nie sagen: „Das macht man nicht“. Stattdessen kommt es besser an, etwa zu sagen: „Ich will, dass du nicht kippelst. Das ist mir zu unruhig.“
Lindemann: Diese sogenannten „Ich-Botschaften“ machen Aussagen verbindlich und nachvollziehbar. Das ist das allgemeine „Gedoodel“ mit einem unpersönlichen „man“ oder „Du“-Zuschreibungen nicht (denn bei den „Du-bist-Sätzen“ fehlt immer der Vorspann: „ich finde, Du bist …“. Es ist nämlich nie eine objektive Aussage, sondern immer eine von mir subjektiv getroffene Zuschreibung. Und Ihr schlaues Kind weiß das intuitiv.

Frau Schmidt schlägt vor, das Wort „Nein“ zu verbannen und dafür eine Ja-Umgebung zu schaffen. Wie soll das funktionieren?
Schmidt: Wenn man dem Kind immer nur „Nein, Nein“ sagt, lernt es keine Regeln.
Auch wenn Sie umgekehrt verbreiten, das Kind solle „lieb“ sein; was soll ein Kind darunter verstehen?
Lindemann: Sagen Sie doch einfach, was Sie wollen oder was Ihnen als Regel wichtig ist.
Schließlich sind Sie als Eltern die gesetzlich Erziehungsberechtigten (wie es irrtümlich so schön heißt). Nein wirklich, Eltern sind Erziehungsverantwortlich, d.h. anleitend – auch wenn alle sich immer gegenseitig „erziehen“ und gerne die Dinge wiederholen, die funktionieren, die Spaß machen, also emotional besetzt werden können, oder zumindest regelmäßig vorkommen.

Wie geht ein „empathisches Nein“?
Schmidt: Angenommen das Kind will unbedingt noch eine spätere Sendung sehen. Statt sich ein Nein-Doch-Gefecht zu liefern kann man entgegnen: „Ich höre dich. Es geht nicht. Aber was ist so cool oder lustig an der Sendung?“ Und dann ist man im Gespräch über die Sendung und nicht mehr über das Ja-oder-Nein. Oder Sie lenken das Gespräch auf die Regel und den Sinn dessen. Oder Sie fragen einfach mal nach dem Grund, warum es dem Kind so wichtig ist und hören zu. Das kann sehr helfen, eine bessere Verständigung und ein besseres Verstehen zu ermöglichen.
Oder wenn Kinder kurz vor dem Abendessen wilde Dinge vorschlagen, wie jetzt noch kurz ins Schwimmbad zu gehen. Eine Erziehen-ohne-Schimpfen-Reaktion wäre z.B.: „Eine tolle Idee! Würde ich auch gern. Aber hast du eine Idee, wie wir das in einer Stunde schaffen können, ohne uns total abzuhetzen?“ So erkennt man die Idee an und kann zusammen überlegen, warum das nicht klappt oder ob es alternative Möglichkeiten gibt. Denn sehr wahrscheinlich gibt es einen (zumindest im kindlichen Kopf) sinnvollen Beweggrund, der Ihr Kind auf die Idee gebracht hat.

Viele Eltern kennen das: Gehetzt holen Sie ihre Kinder von der Kita ab und haben schon die nächste Aktion im Kopf: Jetzt noch schnell Einkauf, Paket abholen, Reinigung…
Lindemann: Übersetzt heißt das: sie sind nicht da, wo sie sind, nicht Hier und Jetzt, sondern gedanklich schon Da und Dort … allerdings, ohne auf Da und Dort im Hier und Jetzt schon Einfluss nehmen zu können. Dafür aber verpassen Sie das, was ist. … und das vermutlich mehrfach, wenn das Muster nicht erkannt und unterbrochen wird. Zu spüren ist solch ein Verhaltensmodus meist an Unzufriedenheit, Unausgeglichenheit, Schlafstörungen, Lustlosigkeit, Sarkasmus, negativem Gedankenkreisen usw.

Schmidt: …und da wundern Sie sich, dass die meiste Zeit mit Quengeln, Schreien, Wutanfällen und Schimpfen über die Bühne geht? Nicht wirklich, oder?
Ich rate immer: Erstmal nach der Kita eine halbe Stunde Zeit zum Kuscheln nehmen, bevor man irgendwas anderes macht. Glauben Sie mir: Das geht schneller und ist gut investierte Zeit.
Unter dem Motto: Zeit „verlieren“, um viel mehr „Zeit zu gewinnen“.
Lindemann: Lustiges Motto, wo der Tag doch immer gleich 24 Stunden hat! Wo soll da der Gewinn herkommen? Es kann also kein Zeitgewinn entstehen! Setzt man die Prioritäten jedoch anderes, so dass man präsent, also im Präsens, im Hier und Jetzt, ist, so gibt es einen erheblichen Gewinn an Da-Sein, am miteinander sein können,an befriedigenden Erlebnissen, weil es echten, gefühlten Kontakt gibt.

Quellen: Nicola Schmidt: Erziehen ohne Schimpfen, Gräfe und Unzer, 176 Seiten, 16,99 Euro, ISBN-13: 978-3-8338-6856-6.
https://www.nwzonline.de/familie-meldungen/schimpfen-bringt-nichts-wie-kinder-regeln-am-besten-lernen_a_50,5,2348186408.html
Gießener Anzeiger, 9.9.2019
Lindemann: eigene Erfahrungen und theoretisches Wissen darum, wie unser Gehirn so funktioniert.Schlagwörter: Ampel-ModellAugenkontaktErziehen ohne SchimpfenRegeln lernen

Wutanfälle bei Kindern

Foto: pixabay

JLU-Psychologin Anne Herr referierte unter dem Titel “Friede, Freude, Wutausbruch” in der Veranstaltungsreihe “WissenSchaft Gesundheit” zum Verhaltensmuster aggressiver und trotziger Kinder
und hielt Tipps für Eltern bereit. (Bericht von Jasmin Mosel, Gießener Anzeiger, 06.06.2020)

Viele werden das kennen: vor dem Schlafengehen oder in Situationen, in denen die Eltern anderer Meinung sind oder im Laden Wunsche nicht erfüllen wollen, das Kind übermüdet oder überdreht ist, usw.
Das Kind schreit, schlägt, spuckt, tritt, wirft mit Gegenständen oder sich auf den Boden – ist verzweifelt.
Sein Selbstbild ist in Gefahr, ebenso wie seine Größenphantasien frustriert wurden.

Einerseits ist wütendes und rebellisches Verhalten vom 1. bis 4. Lebensjahr wie auch in der Pubertät weit verbreitet und gehört zur typischen Entwicklung von Kindern. Sie müssen üben, für ihre Interessen einzustehen, ebenso wie sie lernen müssen, richtig zu streiten und mit Enttäuschungen umzugehen. Es ist also alterstypisches Verhalten, um das man sich keine großen Sorgen machen muss. Es wächst sich aus.
Allerdings spielt es eine große Rolle, welches Vorbild die Eltern vorleben, wie entspannt und verständnisvoll sie mit ihrem Kind umgehen; welche Hilfestellung sie anbieten, um einen Weg durch die Notfallsituation zu finden.

Anderseits sieht es ganz anders aus, wenn das Verhaltenmuster des Kindes in der Familie zu anhaltendem Leidensdruck führt; wenn von Extremausprägung und überaus heftigen Situationen auffälliger Wutanfälle *) zu sprechen ist.
Hier könnte eine psychische Störung mit deutlichem Abweichen von Denken, Fühlen, Verhalten vorliegen, die ärztlich-psychologisch abgeklärt werden sollte.
Ca. 3 % der Kinder zeigen durchgängig eine ärgerliche und gereizte Stimmung, zum Teil von Geburt an.
Bei ca. 2 – 10 % wird eine Störungen des Sozialverhaltens diagnostiziert, wobei immer wieder gesellschaftliche Normen ignoriert werden. Streit- und Rachsucht führen zu Beeinträchtigungen im Umfeld, in Kindergarten und Schule. Jungen da dreimal so häufig betroffen, wie Mädchen.
Frühzeitiges Eingreifen ist hier unbedingt notwendig, um korrigierend helfen zu können, damit sich das Muster erst gar nicht verfestigt und eine Abwärtsspirale verhindert werden kann.

Eltern wollen da oft “Ursachen” finden, fürchten, selbst “Schuld” am Verhalten des Kindes zu sein. Doch es können biologische, psychologische und soziale Risikofaktoren auffälliger machen und in Kombination mit einem Stressereignis psychische Erkrankungen begünstigen. In der Regel kommen verschiedene Dinge zusammen, so dass eine einzelne “Ursache” meist nicht gefunden wird. Oft spielen Defizite in der Wahrnehmung, in der Gefühlserkennung, und damit im Verstehen der Welt eine Rolle.

*) Unter Wutanfall versteht man einen meist kurzzeitigen partiellen oder völligen Verlust der Kontrolle
über das Gefühl der Wut; man spricht hier vom Affekt.
Wutanfälle richten sich gegen Personen, Tiere, Institutionen oder auch Sachen und haben oft einen konkreten Auslöser,
der aber nicht zwangsläufig identisch mit dem Ziel der damit verbundenen Attacke sein muss.

Prinzipiell kann in Ausnahmesituationen und unter starkem Stress jeder Mensch einen Wutanfall erleiden,
wobei jedoch eine Neigung zu solchen bei Erwachsenen als cholerisch gilt.
Bei Kleinkindern gehören Wutanfälle in einer bestimmten Phase zur psychischen Entwicklung.

Ein Wutanfall kann absichtlich oder unabsichtlich evoziert werden.
Dazu genügen oft schon kleine Reizworte oder Handlungen, die für sich genommen eigentlich keine Bedeutung hätten. Neben dem externen Auslöser gibt es auch die Möglichkeit, sich selbst in einen Wutanfall zu steigern.

Zu differenzieren sind Aggression und Destruktion

Quelle: Wikipedia

Weitere Berichte zum Thema finden sich z.B. auf folgenden Seiten:

https://www.oberbergkliniken.de/artikel/die-macht-von-unterdrueckten-gefuehlen-wie-sich-innere-wut-auf-die-psychische-gesundheit-auswirken-kann

https://www.liebenswert-magazin.de/was-bei-wut-mit-dem-koerper-passiert-2264.html